Du warst damals in Puerto Rico. Warum hast du dich für Puerto Rico entschieden?
Ja, ich hab glaub ich relativ viele Länder angekreuzt. Der Focus war zwar schon Richtung Südamerika, aber ich hatte damals auch noch auf das PPP gehofft und dann wäre ich in die USA gefahren. Doch das hat nicht geklappt und so wurde es dann Puerto Rico.
Und gibt es irgendwas, wo du sagen könntest, das ist deine eindrücklichste Erinnerung aus der Zeit?
Ja, ich war in einem kleinen Ort, in dem es noch nie einen Austauschschüler gegeben hatte. Und damit war ich schon der bunte Hund. Das ist am Anfang schwierig, hat aber am Ende dann doch sehr viel Spaß gemacht.
Das war etwas Besonderes als einziger Austauschschüler auf der Schule zu sein. Alle anderen Austauschschüler waren eine Stunde Fahrtweg entfernt. Dort waren es dann relativ viele AustauschschülerInnen an einem Ort. Das war also schon etwas Besonderes und ich habe das sehr zu schätzen gelernt.
Hast du noch Kontakt zu jemandem aus deinem Austausch?
Ja, ich habe noch Kontakt zu meiner Gastfamilie. Das wird aber immer loser mit der Zeit wo wir jetzt alle selbst Eltern geworden sind. Aber wir sind noch verknüpft und ich will auch bald noch mal wieder hin, denn mein letzter Besuch ist schon wieder ein paar Jahre her. Ich war jetzt 4 oder 5 Mal seit dem Austausch dort.
Wie beurteilst du insgesamt deinen Austausch rückblickend und in welchem Bereich hat es dich am meisten geprägt?
Ganz sicher in der Selbständigkeit. Es gibt so einen massiven Sprung nach vorne, wenn man auf sich allein gestellt ist. Plötzlich ist man da mit 16 irgendwo alleine auf der anderen Seite der Welt. Und damals noch ohne Handy. Das hat mir schon einen Riesenschub gegeben, was Selbständigkeit und auch Selbstreflexion angeht!
Hat deine AFS Erfahrung Einfluss auf deine heutige berufliche Tätigkeit?
Ja, das hat sie glaube ich schon. Aber vorneweg: Ich glaub AFS hat mich in 2 Sachen berührt oder geprägt. Einmal durch das Austauschjahr selbst. Dann aber auch durch die sehr intensive ehrenamtliche Tätigkeit. Und beides war sehr prägend! Im Ehrenamt hatte ich auch die Möglichkeit Führung und Verantwortung zu übernehmen. Heute bin ich im Bereich der erneuerbaren Energien tätig und habe seit 17 Jahren ein eigenes Unternehmen.
Und jetzt bist du seit diesem Sommer im AFS-Kuratorium. Was hat dich motiviert, ins Kuratorium zu kommen?
Ich glaub der Auslöser war die 75-Jahrfeier. Es war einfach schön, alle wiederzusehen. Es war sehr witzig und inspirierend. Auch die Reden dort haben mich angesprochen, denn im Alltag und in den Medien geht der Ansatz des Miteinanders, der Kommunikation und der Empathie zwischen den Menschen zu oft unter.
Und AFS hat mein Leben definitiv geprägt. Und ich glaub, ich wäre nicht ohne AFS da wo ich jetzt heute bin und deswegen möchte ich auch gerne etwas wieder zurückgeben. In der Jugend und auch während des Studiums hatte ich noch viel mehr Freiheiten mich ehrenamtlich einzubinden. Danach hatte ich so eine Busyphase mit dem Unternehmen und den Kindern und jetzt, glaube ich, ist es wieder an der Zeit mich zu engagieren.
Ist es für euch auch eine Idee mal Gastfamilie zu werden?
Später denke ich schon. Unsere Kinder sind jetzt 6 und 8. Meine Frau ist auch AFSerin und wir hatten beide das Glück gleichaltrige Gastgeschwister zu haben und das ist einfach das Schönste.
Und was möchtest du Jugendlichen mitgeben, die sich heute überlegen, den Schüleraustausch im Ausland zu machen?
Dass es, glaube ich, trotz der ganzen Digitalisierung und der globalen Verbundenheit ganz was anderes ist, auf der anderen Seite der Welt zu sitzen und diese Entkopplung einfach hilft zu wachsen, sich zu entfalten, neue Perspektiven einzunehmen. Und dieses Jahr weg hat hier nicht gefehlt. Es hat im sozialen Gefüge, mit Miteinander mit Freunden oder der Familie nicht gestört. Und diese Bereicherung, die dazukommt, die ist halt so viel wertvoller. Und auch für die Karriere stört es nicht, wenn man evtl. das Jahr wiederholen muss. Ist einfach eine super Chance.
Und es ist bei AFS ja auch die Kombination aus der Austauscherfahrung und dem Ehrenamt. Und das Ehrenamt gibt auch ganz vielen Leuten in unterschiedlichen Lebensphasen etwas. Damals, als Student war das ne wahnsinnige Wachstumsmöglichkeit und Chance sich zu entfalten. Ich war damals auch im Aufsichtsrat, wie das jetzt heißt und das war nach dem Austausch noch mal ein riesiger Schub. Deswegen glaube ich ist es ganz wichtig, dass wir diese Kombination irgendwie erhalten. Weil es dann deutlich mehr ist als die singuläre Austauscherfahrung.
AFS bedankt sich für das Interview. Die Fragen für AFS stellte Mara Brede (09/2024).