Silas, Costa Rica, 2022, CSP

Wie hat sich dein Eindruck von Land und Leuten innerhalb deines Auslandsaufenthalts entwickelt?

Als ich nach drei Wochen – von denen zwei Sprachkurs und eine On-Arrival-Camp waren – in Costa Rica endlich zu meiner Gastfamilie kam, konnte ich mich recht schnell akklimatisieren. Dafür waren hauptsächlich meine liebe Gastfamilie, meine Neugier und die Erfahrungen vom Sprachkurs, für den wir bei Übergangsfamilien gelebt haben verantwortlich.

Einige Vorbehalte z.B. mein Bedenken von einer hohen Kriminalität im Lande, die ich als unwissender automatisch besaß als ich an Mittel- und Südamerika dachte, wurden bereits in den ersten Wochen zerschmettert. Ich wurde nämlich in Turrialba, einer Stadt, ca. 1 Stunde östlich von Cartago, die ich nun mein zweites Zuhause nennen kann, untergebracht. Die vielen neuen und tollen Eindrücke von Pflanzen, Tieren, Umgebungen, Kultur, Leuten, Sprachen, Sport, Essen, Geschichte, Wirtschaft und Regierungsstruktur bereicherten mich und mein Bild von Costa Rica, sowie von Mittelamerika. Obwohl dies natürlich alles unterschiedlich positive sowie auch negative Erfahrungen waren, lässt sich trotzdem ein Gesamteindruck von meinem Auslandsaufenthalt visualisieren:

Ich bin letztendlich über jeden einzelnen Tag meiner Reise zufrieden und bin mehr als glücklich, dass ich damals die Initiative für meine Bewerbung bei AFS ergriffen habe.

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass das Reisen eine der besten Möglichkeiten darstellt, um meine Freizeit zu nutzen. Dabei gibt es jedoch zwei unterschiedliche Arten um zu reisen: Einmal kann man verreisen und die Zeit nur in einem Hotel verbringen, in dem man fast gar keine interkulturellen Erfahrungen macht. Dann aber gibt es die Möglichkeit mit den Einheimischen in Kontakt zu treten, hinauszugehen, etwas über andere Lebensweisen und Menschen zu lernen, was die Reise um einiges spannender und informativer macht. Letzteres ist meiner Meinung nach richtiges Reisen und für mich ein erstrebenswertes Ziel in Zukunft, von dem man nie genug bekommen kann, da die Umgebung und die Umstände sich von Land zu Land unterscheiden.

Außerdem glaube ich, dass Costa Rica ein super Land für junge Reisende ist die vielleicht sogar, das erste Mal alleine verreisen. Ich erkannte, dass Costa Rica in einigen Dingen fortschrittlicher als Deutschland ist. Zudem bewundere ich die gelassene Art und den Lebensstil vieler Ticos. Ein weiterer Eindruck den ich, um genau zu sein, auf dem Vorbereitungsseminar schon übermittelt bekommen habe und der sich auch durch meine Erfahrungen im Ausland bestätigt hat ist, dass man im Leben nie ausgelernt hat und egal wie viel du wissen vermagst, du doch nur einen kleinen Bruchteil von allem verstehst das dich umgibt. Im Bezug zum Reisen hat sich auch herausgestellt, dass, egal wie umfassend du dich im Voraus informierst, dir erst vor Ort das klar werden kann, wovon du davor gelesen hast.

Was war am Anfang neu und ungewohnt und am Ende „normal“?

Was mir zu dieser Frage direkt einfällt, ist die Situation auf der Toilette. In Costa Rica sind die Abflussrohre ziemlich dünn gebaut, weshalb man das Papier in einem extra Mülleimer entsorgt damit man der Verstopfung zuvorkommt. Nach einer Zeit habe ich mich daran gewöhnt und darüber nicht mehr nachgedacht. Zurück in Deutschland suchte ich anfangs vergeblich nach dem Mülleimer neben dem Klo.
Mich hat es beeindruckt, dass die Pflanzen das ganze Jahr über wachsen, da man es von Zuhause einfach ganz anders gewöhnt ist. Auch dass es keine großen Veränderungen bei der Zeit vom Sonnenuntergang gab erstaunte mich. Beim Essen ist mir am Anfang schwer gefallen morgens immer herzhaft und mit viel Fleisch zu essen. Auch bei diesem Beispiel hat man sich nach einer Zeit dran gewöhnt.

Mit dem Thema Zeitplanung, die in Costa Rica komplett anders ist als hier in Deutschland, hatte ich zu Beginn auch Probleme. Am Ende habe ich es zum Teil genossen. An die großen Gittern und Toren vor den Häusern konnte ich mich jedoch bis zum Schluss nicht gewöhnen.

Eine Mentalitätssache, von der ich jetzt weiß, dass sie in der Kultur verankert ist, hat mich jedoch bis zuletzt gereizt. Und zwar gaben die Einheimischen um mich herum gerne falsche Versprechen. An einem Tag reden sie ganz begeistert von einer Aktivität die man zusammen unternehmen könnte und letztendlich wird diese aber nie ausgeführt. Auch führt oft das weitere Nachhaken ins Leere. Z.B. war es von Anfang an mein Wunsch den Vulkan Turrialba zu besteigen. Dann schwärmte eine Person aus meinem Umfeld davon wie cool es doch auf dem Vulkan sei und schlug vor, dass ich ihn an dem darauffolgenden Wochenende nach oben begleiten könnte. Ich stimmte natürlich ein und bereitete mich darauf vor. Als ich ihn über Whatsapp anschrieb, um nach näheren Infos zu fragen, hat er sich nicht mehr gemeldet.

Hast du viel mit Gleichaltrigen unternommen?

Da ich auf einer Farm mit älteren Arbeitern geholfen habe und meine Gastschwestern auch alle schon mind. 10 Jahre älter waren, gab es den meisten gleichaltrigen Kontakt zu den Deutschen aus meiner AFS Gruppe.

Kannst du kulturelle Unterschiede/Gemeinsamkeiten benennen?

Meiner Meinung nach ist im Verhalten die sogenannte „Tico tiempo“ (=Tico Zeit) ein kultureller Unterschied, wobei Tico eine Bezeichnung für die Einheimischen ist. Wenn man nach diesem Lebensstil lebt, dann ist man ziemlich ungenau was die Zeitplanung bzw. Pünktlichkeit betrifft. Oftmals verabredet man sich zum Beispiel um 7 Uhr, doch letztendlich findet die Verabredung eine halbe oder eine Stunde später statt. Natürlich ist dies nicht bei wichtigen Terminen der Fall, sondern eher im Freizeitbereich.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei den kulturellen Unterschieden zu Deutschland ist die Lebensweise nach dem Wort Pura Vida, die vor allem am Strand gelebt wird. Pura Vida bedeutet übersetzt „Pures Leben“, womit das auskosten des Lebens gemeint ist. Man soll alles lockerer angehen und dadurch erinnert werden, dass das Leben im Mittelpunkt steht. Oft wird diese Redefloskel als Begrüßung, Danksagung oder Verabschiedung verwendet.

Ich habe auch das Gefühl, dass die Menschen in Costa Rica sich weniger um das Morgen sorgen.

Dieser Vorsatz macht meiner Meinung nach das Leben um einiges entspannter. In Deutschland fokussieren sich viele auf die eigene Sicherheit und denken öfters über das Zukünftige nach. Planung und Pünktlichkeit gibt uns Sicherheit und Kontrolle, was viele Personen in Deutschland mögen.

Durch die Nachfrage ?comó estás? O.ä. erkundigt man sich bei jedem Treffen nach dem Befinden des anderen. Dies ist eine unabdingbare Höflichkeit die aber meist nur kurz beantwortet wird. Die Nachfrage nach z.B. der vergangenen Woche kommt in Costa Rica nie vor. Dies ist vielleicht eher eine deutsche Angewohnheit. Bei den Ticos ist es eher etwas Privates bzw. etwas Unwichtiges.

Ein weiterer Unterschied der mir mit der Zeit aufgefallen ist, ist der starke Patriotismus. Überall sieht man die blau, weiß, roten Fahnen und die Leute sind stolz auf ihr Land.

Gemeinsamkeiten gibt es von der Prägung des westlichen Einflusses. Beide Gesellschaften sind sich einig, dass jeder selbst für sein Handeln verantwortlich ist und demnach auch alle Menschen gleich sind.

In beiden Gesellschaften ist hauptsächlich die christliche Religion vertreten. Außerdem sind viele Leute in Costa Rica sehr sportbestrebt. Ich denke dies kommt von den ländlichen Gegebenheiten die viele verschiedene Möglichkeiten geben Sport zu treiben. Flüsse zum Raften; Gebirge/Vulkane zum Mountainbiking, Wandern, Joggen, Paragliding, Canyoning, Erkundungen von Höhlen…; Hohe Bäume zum Klettern und für Seilbahnen; das Meer zum Surfen und Schwimmen…; See zum Stand up paddling und Windsurfen; usw….

Welche Aufgaben hast du innerhalb deines Auslandsaufenthalts übernommen und wie wurdest du darauf vorbereitet?

Verbringe deinen Freiwilligendienst in einem Umweltprojekt in costa Rica mit AFS

Ich habe auf einer nachhaltigen Farm gearbeitet, die einen Stall mit Hühnern besitzt, ein Gehege mit Schafen hatte, Felder bewirtschaftet und eine Austern-Seitling Pilzfarm betreibt. Was das Arbeiten betrifft wurde mir freigestellt wo ich gerne arbeiten möchte. Letztendlich habe ich dort geholfen wo meine Hilfe benötigt wurde und war somit in allen Bereichen mindestens einmal tätig. Mein täglicher Ablauf sah wie folgt aus:

  1. 7:20 Uhr Ankunft Bus, danach umziehen und Reinigung des Hühnerstall + Sammeln der Eier
  2. 8:30 Uhr Frühstückspause
  3. 9:00 Uhr Reinigung der Eier
  4. 9:30 Uhr Arbeit auf dem Feld (Ernten, Erträge reinigen, wiegen und abpacken, Unkraut entfernen, düngen, umgraben) ab und zu Heu wenden, einsammeln und trocknen oder Kompost umgraben/behandeln damit er als Düngererde wiederverwendet werden kann.
  5. 11:30 Uhr Arbeiter verlassen die Farm worauf ich oftmals auf dem Feld alleine weiterarbeitete, in der Pilzfarm half wenn es etwas zu helfen gab oder mich um einen selbstgepflanzten Baum kümmerte.
  6. 15 Uhr Abfahrt Bus
Warst du während deiner Arbeitszeit ausgelastet/überfordert/unterfordert?

Ich habe ca. 35 Stunden pro Woche gearbeitet – alledings nie am Wochenende. Überfordert war ich nie, jedoch habe ich mir manchmal schwer getan die Aufträge zu verstehen da oft mit dem Farmvokabular gesprochen wurde, das ich erst einmal lernen musste. Am Ende des Tages war ich von der körperlichen Arbeit müde. Ab und zu war ich mental unterfordert, da die Feldarbeit sehr eintönig war.

Wie bist du zur Arbeit gekommen und wie viel Zeit hast du dafür benötigt?

Ich bin mit dem Bus ca. 1:30 h hin und zurück gefahren. Die Zeit konnte ich mir aber gut vertreiben. Ich habe Musik gehört, meinen Reiseführer weiter gelesen oder einfach die Aussicht genossen.

Wie hast du das Einleben und den Abschied bei deiner Gastfamilie empfunden?

Wie ich weiter oben bereits angeschnitten habe, ist das Einleben mir recht einfach gefallen. Dies lag unter anderem an meinen Erfahrungen mit der ersten zweiwöchigen Gastfamilie und daran, dass ich so herzlich aufgenommen wurde. Ich hatte von Anfang an ein Gefühlshoch was jedoch mit der Zeit abschwächte. Tatsächlich fehlte mir ab und zu der feste Kontakt zu Gleichaltrigen aber das wurde durch meine neuen Bekanntschaften auf den Reisen gedämpft. Ich war mit meiner Lage glücklich und habe mich auch über die vielen Sportangebote gefreut.
Der Abschied ist mir schwer gefallen. Nicht nur weil ich die neu gewonnenen Freunde, die neu gewonnene Gastfamilie und das neu gewonnene Zuhause auf unbekannte Zeit verlassen werde, sondern auch, weil ein neuer Abschnitt in meinem Leben beginnt. Ein Abschnitt in dem mir höchstwahrscheinlich nicht alles so einfach fallen wird wie bisher. Ein Abschnitt in dem ich weniger Zeit für Freunde haben werde und das harte Leben außerhalb der Schule beginnt. Ein Abschnitt der auch wieder ein Anfang ist indem ich noch viele andere Seiten der Menschen, Kulturen und Welt kennenlernen werde.

Auch wenn es kein Abschied für immer ist, verließ ich das Land mit gemischten Gefühlen.

Dieses Privileg zu haben, solche Erfahrungen zu machen während andere Menschen nie von Zuhause wegkommen ist ein komisches Gefühl und lässt mich nachdenklich zurück. Ich denke das Wichtigste was man von so einem Auslandsaufenthalt mitnehmen kann ist Wertschätzung und die Erinnerung daran.

Desweiteren bin ich sehr glücklich darüber, dass ich auch jetzt noch – nach meinem Auslandsaufenthalt – den Kontakt mit meiner Gastfamilie weiterführe. Neben allen anderen Dingen vermisse ich jedoch auch das leckere und typisch costaricanische Essen von meiner Gastmutter und die langen, witzigen und informative Gespräche mit meinem Gastvater, die wir regelmäßig nach dem Essen geführt haben und durch die ich viel lernte.
Am liebsten würde ich noch viel mehr von meinen persönlichen Erfahrungen in diesen Bericht schreiben, aber ich denke das würde den Rahmen sprengen.

Was waren deine ersten Eindrücke und (wie) haben sich diese im Laufe deines Auslandsaufenthalts verändert?

Meine ersten Eindrücke waren von Überraschung, Neugier, Vorfreude und Aufregung geprägt. Ich habe mich gewundert wie leicht und automatisch man Vorurteile über andere Länder bekommt ohne je dort gewesen zu sein. Ich wurde von vielen Dingen positiv überrascht. Meine Neugier während dieser Zeit habe ich nie verloren. So gut wie immer war ich darauf aus das Beste aus meinem Auslandsaufenthalt herauszuholen, was es einschloss, viel über das Land und alles was damit einhergeht zu lernen.

Wie hat die Betreuung durch die Partnerorganisation im Gastland stattgefunden?

Auch wenn mir bewusst ist, dass viele meiner Mitfreiwilligen aufgrund verschiedener Erfahrungen anders antworten würden, habe ich nie wirklich schlechte Erfahrungen mit AFS Costa Rica gemacht. Auf dem On-Arrival-Camp im AFS Büro Costa Rica wurden wir nett in Empfang genommen und haben einen kurzen Überblick als Vorbereitung bekommen, der gut gelungen war. Sie haben darauf geachtet, uns langsam an das Essen in Costa Rica zu gewöhnen und waren auch sonst nett zu uns.

Jedoch ist die Betreuung an einem Punkt fehlgeschlagen. Bevor wir uns alle am 13.08.2022 (drei Tage nach Ankunft) auf den Weg zu einem Hotel gemacht haben, durften wir uns zwischen verschiedenen Gerichten entscheiden, die wir in einem Restaurant beim Zwischenstopp essen werden. Zur Auswahl standen ca. 5 Gerichte, darunter, Meeresfrüchte mit Nudeln. Das streetfood Restaurant hat einen guten Eindruck gemacht und das Essen war auch echt lecker. Wie sich aber letztendlich herausstellte, hatten viele Personen von unserer Gruppe die Meeresfrüchte mit Nudeln gegessen haben, mich eingeschlossen, eine Art Lebensmittelvergiftung. Mir und den anderen ging es viele Tage nicht gut. Die Lebensmittelvergiftung äußerte sich durch Magenschmerzen, Durchfall, Übelkeit.

Besonders am Anfang als wir beim Wechsel der Gastfamilien auf AFS angewiesen waren, ist noch die Informationskultur zu bemängeln. Z.B. wussten wir bis einige Stunden davor nicht wie wir von unseren ersten Gastfamilien für die Zeit des Sprachkurses, zu unseren richtigen Gastfamilien kommen sollten. Einige haben bereits Busverbindungen für diese Reise recherchiert. Am Ende wurden wir glücklicherweise dann doch von AFS zu unseren Gastfamilien verteilt.

An welchen Seminaren o.ä. hast du teilgenommen?

Ich habe an beiden Vorbereitungsseminaren teilgenommen. Außerdem gab es ein Treffen mit dem Botschafter in Costa Rica, mit dem wir über unsere bisherigen Erfahrungen gesprochen haben.

Anfang Dezember 2022 gab es dann noch ein dreitägiges End of Stay Camp, an dem ich auch teilgenommen habe. Dieses Abschlusstreffen fand aber mit den Leuten statt, die bereits ein Jahr in Costa Rica verbracht hatten.

Es war überwältigend zu sehen, wie sich alle nach einer so langen Zeit des Zusammenseins und der gemeinsam erlebten Abenteuer in die Arme fielen.

An der Stelle habe ich mir gewünscht, ein halbes Jahr länger in Costa Rica bleiben zu können, um dann diesen emotionalen Abschied mit meiner Gruppe feiern zu können.

Welche Erwartungen hattest du an AFS Deutschland und haben sich diese erfüllt?

Vor den Seminaren hatte ich auf jeden Fall die Erwartung, dass wir während der Seminare etwas Spezifisches über Costa Rica erfahren werden. Diese Erwartung hat sich kaum erfüllt. Durch die Vernissage anfangs des 2. VB haben wir uns automatisch selbst über das Land durch das Internet informiert. Das war gut, jedoch war ich enttäuscht als wir kaum Erfahrungsberichte zu sehen bekommen haben. Die VB’s waren natürlich neben Costa Rica auch eine besonders coole Zeit meines Lebens.

Ansonsten konnte mich AFS Deutschland gut beraten was besonders mein CSP und auch die darauffolgende Verlängerung betraf. Das Personal von AFS Deutschland ist außerdem echt nett und bemüht uns zu helfen.

Im Allgemeinen hatte ich die Erwartung, dass AFS Deutschland mich gut für das Ausland vorbereitet und ich mich gestützt im Ausland einfinden kann. Soweit hat das gut geklappt. Auch der Hintergedanke, dass ich und meine Eltern jederzeit auf die Hilfe von AFS zurückgreifen konnten, war viel Wert gewesen und gab Sicherheit.

Gab es Konflikte und wie bist du/deine Gastfamilie, bzw. sind deine Kolleginnen und Kollegen damit umgegangen?

Einmal hat mein Gastvater mehrere Bilder von mir, ohne mein Wissen, in einer Gruppe von verschiedenen Gastfamilien geteilt. Ich habe ihm gesagt, dass die Situation nicht schlimm für mich ist, aber dass er in Zukunft doch bitte mich vorher fragen sollte. Er hat meine Entscheidung angenommen und seitdem keine Bilder mehr von mir geteilt.

Dann kommt mir noch eine Situation in den Sinn, in der meine Gastmutter mir aufgetragen hat auf ein Stück Baguette auf dem Herd aufzupassen. Sie wollte es dort nur erhitzen und war ca. fünf Minuten weg. Mir hat sie in der Eile auf Spanisch aufgetragen auf das Baguette aufzupassen. Ich war mir unsicher ob ich es richtig verstanden hatte und da sie in der Eile war hatte ich keine Zeit mehr nachzufragen. Dazu kam, dass ich gerade in ein Buch vertieft war und deswegen die Zeit vergessen habe. Lange Rede, kurzer Sinn, das Baguette kokelte auf dem Herd an und als ich es bemerkte war die Luft bereits von einem beißenden Geruch gefüllt. Beide Gasteltern haben das später mitbekommen und besonders meine Gastmutter hat es mir in dem Moment etwas übel genommen. Ich habe mich entschuldigt und sie haben mir noch einmal erklärt, dass wenn ich etwas nicht verstehe immer nachfragen soll. Zukünftig hat meine Gastmutter es ungern gesehen als ich mir etwas in der Küche zubereitete und auch hat sie ab und zu einen Witz über meine Kochkünste verloren, was ich aber mit Humor aufnahm.

Zwischendurch hatte ich einen inneren Konflikt/Ärger, weil ich einfach wenig von dem verstanden habe was meine Gastfamilie auf Spanisch sagt. Das ständige Nachfragen, die Umständlichkeit nicht das ausdrücken zu können was man ausdrücken will, dann die überwältigende Vorstellung, dass ich letztendlich alleine in Costa Rica bin und ich niemanden so vertrauen kann wie meiner Familie, hat sich alles an einem Tag in einem Stimmungstief gezeigt. Ich habe soweit ich mich erinnern kann, mit niemanden darüber gesprochen. Dies war jedoch auch nicht nötig, weil es mir kurze Zeit später wieder besser ging und ich neuen Mut geschnappt habe.

In welcher Sprache hast du dich in deiner Gastfamilie und während der Arbeit vorwiegend verständigt?

Mit meiner Gastfamilie am Anfang auf Englisch und dann immer mehr in Spanisch, bis wir zuletzt nur noch Spanisch gesprochen haben.
Im Projekt mit den Arbeitern nur auf Spanisch, aber mit den Chefinnen in Englisch und Spanisch.

Hattest bei der Ankunft ausreichend Sprachkenntnisse und wie schätzt du die Entwicklung deiner Verständigungsfähigkeit am Ende deines Auslandsaufenthalts ein?

Ich hatte vor meinem Auslandsaufenthalt für ein Jahr effektiven Spanischunterricht. Davor hatten meine Mitschüler und ich auch schon Spanisch, aber die Lehrerin war oft krank und wir haben wenig gelernt weshalb ich nur dieses eine Jahr zähle in dem ich wirklich etwas gelernt haben. Bei der Ankunft war ich jedoch von meinen schlechten Spanischkenntnissen enttäuscht. Im Unterricht haben wir kaum sprechen geübt und uns hauptsächlich nur auf das Schreiben von spanischen Texten konzentriert. Ich dachte, dass es gar nicht so schwierig wäre, das, was man auf dem Blatt niederschreiben kann auch in Worte zu fassen. Leider wurde ich in meiner Vorstellung getäuscht und es hat sich um einiges schwieriger herausgestellt.
Der zweiwöchige Spanischkurs am Anfang hat all das Gelernte noch einmal aufgefrischt und mir eine gute Basis gegeben auf die ich mich während meiner Zeit in Costa Rica verlassen und darauf aufbauen konnte.
Während meinem gesamten Auslandsaufenthalt habe ich eine Vokabelliste geführt, die ich bei jedem neu erlernten Wort erweitert habe.

Diese Vokabelliste war eine sehr gute Entscheidung und hat mir beim Lernen etwas gegeben worauf ich zurückgreifen konnte.

Auch sonst habe ich zwischendurch Grammatik gelernt was mir geholfen hat. Nach meinen fünf Monaten habe ich mich schon sicherer beim Kommunizieren gefühlt und bereits einen großen neuen Vokabelschatz gelernt. Trotzdem hätte mein Spanisch noch ein Stück besser sein können.

Wie wurde von deinen Kolleginnen und Kollegen/Familie auf die ggf. nicht ganz ausreichende Sprachkompetenz reagiert?

Meinen Kollegen auf der Farm haben oft viel Geduld bei der Verständigung und der Erklärung neuer Wörter oder dem Sinn eines Satzes mitgebracht. Mit einer Arbeitskollegin habe ich mich super verstanden und auch trotz der Sprachbarriere haben wir viel gelacht, was einiges einfacher gestaltete.

Meine Gastfamilie hatte viel mehr mit mir zu tun und deswegen auch viel mehr mit mir zu reden. Selten kam es auch mal vor, dass bei beiden Seiten die Nerven etwas blank lagen. Besonders dann, wenn mir ein Begriff bereits erklärt wurde und ich ihn aber trotzdem wieder vergaß. Im Allgemeinen kann ich mich nur wiederholen und sagen, dass ich auch in diesem Thema Glück mit meiner Gastfamilie hatte. Besonders mein Gastvater hat zur Not den einen oder anderen Satz auf Englisch übersetzt und auch meine Gastmutter hat sich bemüht meine Fragen zur Sprache zu beantworten. Meine ältere Gastschwester wollte ihren eigenen Nutzen daraus ziehen und hat mit mir viel Englisch gesprochen.

Was bedeutet für dich globales Lernen?

Ohne davor zu recherchieren, würde ich speziell für mich sagen, dass globales Lernen sich meist aus Neugier, Kommunikation und Akzeptanz zusammensetzt.

Um global zu lernen, muss man eine gewisse Offenheit und Neugierde mitbringen, um überhaupt den Willen zu besitzen, aus seiner eigenen Komfortzone auszutreten.

Kommunikation, egal wie sie auch aussehen mag, ist meiner Meinung nach ein Grundstein um Kulturen und Traditionen in anderen Ländern zu lernen und auch zu verstehen. Zuletzt kommt noch die Akzeptanz dazu. Um zu lernen sollte man sein eigenes Ego überwinden, versuchen andere Lebensweisen ohne große Vorurteile zu betrachten und die Unterschiede zu akzeptieren. Das heißt, zum Beispiel, nicht versuchen, Leute von den eigenen Angewohnheiten zu überzeugen, nur weil man selbst glaubt sie sind besser.

Um es in einen Satz zu bringen: Für mich bedeutet globales Lernen, durch Neugier, Kommunikation und Akzeptanz zu versuchen, andere Lebensweisen und Lebensumfelder zu verstehen.

Was hast du über Entwicklungszusammenarbeit gelernt?

Ich habe gelernt, dass obwohl die Leute auf der anderen Erdhalbkugel wohnen, doch sehr viel mit mir charakterlich gemeinsam haben und man sich trotz der Landesunterschiede auf derselben Augenhöhe befindet. Man bekommt durch das Leben im Ausland andere Gedankenansätze und Werte vermittelt die dich u.a. auch mal einen anderen Blick auf das Leben werfen lassen. Durch den Austausch mit den Leuten hinterfragt man seine eigene Lebensweise und das was man selbst für normal halten würde.
Konkret zu Costa Rica denke ich, dass dieses Land auf einem guten Weg ist sich weiter zu entwickeln und seinen „Stabilitätsanker“ Status in Mittelamerika weiter festigen kann. Das heißt, Costa Rica wird auch in Zukunft eine große Rolle im Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Deutschland spielen.

Wie planst du, deine Erfahrungen weiterzugeben?

Ich hoffe natürlich AFS in Zukunft eine Hilfe zu sein, so wie sie auch mir eine Hilfe waren. Soweit ich Zeit während meinem dualen Studium finden kann würde ich sehr gerne Seminare und Zoom Calls mit den neuen Freiwilligen führen. Außerdem erzähle ich Leuten gerne von meinen positiven Erfahrungen und besonders meinen Freunden, die dieses Jahr ihr Abitur geschrieben haben, empfehle ich ein Auslandsjahr weiter. Übrigens bin ich im Leitungsteam der Jugendfeuerwehr in meinem Dorf. Dort stehe ich den Jugendlichen auch gerne Rede und Antwort, falls sie mehr über Freiwilligenarbeit erfahren wollen.

Wie wirst du dich in Deutschland für globale Entwicklung einsetzen?

Durch meine Erfahrungen könnte ich mir jetzt selbst gut vorstellen, irgendwann einmal eine Person aus einem anderen Land aufzunehmen.

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