Elias, Irland, 2022, Ackermann-Stipendium

Am 23. August 2022 begann mein großes Abenteuer und es sollte in ein kleines Örtchen in der Nähe von Monaghan in Irland gehen. Es ist mittlerweile schon ein Jahr her und mir kommt es noch vor wie gestern.

Vorfreude auf mein Abenteuer

Ich war vor meiner Abreise sehr aufgeregt, obwohl ich in den Vorbereitungscamps viel gelernt hatte, war es eine ganz neue Erfahrung und ich wusste eigentlich nicht, was mich erwartete. Sobald ich aber dann mit den anderen Austauschschülern im Flugzeug saß, war die Aufregung wie weggeblasen und ich konnte mich vollkommen auf mein Abenteuer freuen. Rückblickend war es ein großartiges Jahr, ich habe viel gelernt und ich hatte sehr prägende Erlebnisse. Wenn man die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich jedes Mal wieder die Entscheidung treffen nach Irland zu gehen.

Meine Gastfamilie und mein französischer Gastbruder

Ich lebte bei einer Familie, die keine eigenen Kinder hatte. Sie haben aber noch einen weiteren Gastschüler aus Frankreich aufgenommen. In Deutschland habe ich zwei jüngere Schwestern und in Irland hatte ich dann einen Bruder. Ich muss sagen, dass der Umgang schon ganz anders ist und es war schön auch dieses Verhältnis kennenzulernen. Mein Gastbruder hatte am Anfang große Probleme sich auf Englisch zu verständigen, dadurch gab es oft Missverständnisse und es war nicht immer sehr einfach, aber wir sind zusammengewachsen und haben uns dann sehr gut verstanden. Ich habe ihn nach unserer Rückkehr in Frankreich besucht und es war sehr schön Erinnerungen zu teilen.

Geburtstagsfeier beim Schüleraustausch in Irland

Eigentlich habe ich mich schnell bei der neuen Familie eingelebt, aber oft sind es die kleinen Unterschiede, die es einem besonders schwer machen sich dran zu gewöhnen. Ein Punkt wäre der Umgang und die Gewohnheiten innerhalb der Gastfamilie. Bei meiner Gastfamilie wurde kein hoher Wert auf gemeinsame Mahlzeiten gelegt. Dies war für mich eine große Umstellung, da wir in Deutschland zusammen Essen, wann immer es möglich ist. Vielleicht lag es auch daran, dass sie selbst keine Kinder hatten und wir die ersten Austauschschüler waren, die sie aufgenommen hatten. Im Laufe des Jahres fiel mir auch auf, dass meine Gasteltern nicht immer ganz ehrlich waren. Ich konnte mich also nicht auf das Gesagte verlassen, was bei meiner Familie in Deutschland immer der Fall ist, und dadurch fiel es mir am Anfang oft schwerer Entscheidungen zu treffen. Mit der Zeit lernte ich dann damit umzugehen und es fiel mir einfacher.

Die Rituale waren jedoch ziemlich ähnlich und hin und wieder haben wir gemeinsam Sachen unternommen oder sind zusammen in die Kirche gegangen. Eigentlich hat unsere Gastfamilie aber nicht wirklich viel mit uns unternommen. Obwohl ich mich bei der Familie wohl gefühlt habe und generell ein großartiges Jahr in Irland hatte, ist es daheim doch immer am schönsten. Ich lernte Kleinigkeiten zu schätzen, die früher für mich Selbstverständnis waren bzw. auf die ich sogar kein Wert gelegt hatte.

Die Prinzipien von Freundschaft

Die Schule war genau wie meine Gastfamilie ein wichtiger Teil meines Lebens in Irland. Die Lehrer behandelten uns immer mit Respekt, jedoch waren sie strenger als meine Lehrer in Deutschland. In der Schule wurde mir klar, dass die Anforderungen viel geringer waren und oft mal ein Auge zugedrückt wurde bei Schülern. Ich besuchte eine reine Jungenschule. Allein an meiner Schule waren ca. 40 Austauschüler. Sie kamen größtenteils aus Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich.

Meine ersten Freunde waren tatsächlich Austauschschüler, da wir in derselben Situation waren, war dies viel einfacher. Trotzdem dauerte es nicht lange bis ich ich auch an der Schule irische Freunde hatte, mit denen ich im Laufe des Jahres eine ziemlich starke und tolle Freundschaft aufbauen konnte, denn genau wie in jedem Land ist Freundschaft etwas wichtiges, sowie essenzielles für eine bestmögliche Integration in die Gesellschaft. In Irland verglichen mit hier ist mir aufgefallen, dass die Jugendlichen viel mehr Zeit miteinander verbrachten. Dennoch sind die Prinzipien überall dieselben, Vertrauen, dass man aufeinander zählen kann und Spaß haben. Ich denke, dass alle Freundschaften auf der Welt so aufgebaut sind.

Obwohl sich das Leben in Irland zum Teil ganz anders anfühlte, gab es doch sehr viele Parallelen zu Deutschland. Mir ist zum Beispiel kein Unterschied im Rollenbild von Männern und Frauen aufgefallen. Meine Gasteltern sind beide arbeiten gegangen, haben sich gleichermaßen im Haushalt beteiligt und haben beide sowohl gemeinsam als auch getrennt an sozialen Aktivitäten teilgenommen. Bei Konflikten ist mir aufgefallen, dass die Schlichter fast immer sehr unvoreingenommen und neutral ins Thema gegangen sind. Dies hatte zur Folge, dass Konflikte schnell gelöst werden konnten. Die Kommunikation hingegen war da etwas anders. Oft wurden uns Sachen zu spät oder nicht richtig kommuniziert. Das bedeutete, dass Missverständnisse keine Seltenheit waren.

Schulball in Irland im Schüleraustausch

Mir ist in Irland die Schule viel einfacher gefallen als hier, weil die Ansprüche dort nicht so hoch waren und wir auch weniger Hausaufgaben aufbekamen. Obwohl ich dort viel länger Unterricht hatte als in Deutschland, war es nicht so anstrengend. Ich hatte rückblickend eigentlich nicht wirklich Probleme oder Schwierigkeiten, wobei es manchmal Momente gab, die nicht reibungslos liefen und es sich in dem Moment, wie Schwierigkeiten anfühlten, ist man dann doch mit der Situation gewachsen und hat dann erkannt, dass es eigentlich kein wirkliches Problem war, sondern eine neue Situation, in der man sich erst zu Recht finden musste.

Jede Kultur ist schön und einzigartig

Nach dem Auslandsjahr ist mir erst richtig klar geworden, was es heißt, eine Kultur zu kennen und zu erleben. Ich bin zwar eigentlich in drei Kulturen aufgewachsen und hatte das Privileg, sie hautnah erleben zu können, allerdings ist mir nie der ganze Wert und die Wertschätzung einer Kultur aufgefallen, da ich diese schon immer hatte. Aber wenn man dann eine komplett neue und andere Kultur kennenlernt, merkt man erst, wie schön und einzigartig jede Kultur ist. Die irische Kultur ist eine vielfältige, denn sie ist eine sehr alte, mit Bräuchen, die weit zurückgehen. Übernommen habe ich Redewendungen, Wörter und Lieder. Außerdem habe ich gelernt, das Leben ruhiger anzugehen und gelassener zu sein. Starke Herausforderungen oder Probleme mit der Kultur hatte ich nicht wirklich. Hin und wieder sind mir Unterschiede aufgefallen, die für mich neu waren, aber mit der Zeit habe ich mich meistens daran gewöhnt und auch wertgeschätzt.

Das Komischste, was mich aber Überwindung gekostet hat, war das Linksfahren. Mir war vorher gar nicht bewusst, dass es auch als Fußgänger ganz anders ist. Beim Überqueren der Straßen kommen die Autos zuerst von der anderen Seite. Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass nur ein Beifahrer im Auto saß. Oder ich wunderte mich, warum der Fahrer während der Fahrt nur auf sein Handy starrt oder einfach nur aus dem Fenster schaut, ohne auf den Verkehr zu achten. Dann fiel mir immer wieder ein, dass es ja nur der Beifahrer war.

Eine weitere Sache, die ganz anders war, war das abgelegene Leben auf dem Land. Ich lebe in Deutschland in einer kleinen Gemeinde, aber in Irland lebte ich in einem ganz kleinen Dorf aber nicht im Zentrum, sondern 2 km von dort entfernt und es standen dort nur drei Häuser. Meine Nachbarn waren eigentlich Kühe auf der Weide und Hühner. Natürlich wird man von solchen Erfahrungen stark geprägt.

Ganz praktische Unterschiede

Als ich wieder zurück in Deutschland war, habe ich eigentlich erst gemerkt, wie gut es uns hier geht mit den Sachen, die wir hier haben. Was mich damals sehr stutzig machte, war, dass wenn man mal krank sein sollte und zum Arzt muss, in der Regel nicht alles von der Krankenkasse übernommen wird. Ein weiterer großer Unterschied sind die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich musste in Irland circa 20 Minuten bis zur Bushaltestelle laufen und dann fuhr ein Bus nur alle 2 Stunden. Der letzte Bus fuhr allerdings schon um 18 Uhr. Sonntags fuhren überhaupt keine Busse und man war darauf angewiesen gefahren zu werden. Mit dem Fahrrad konnte man auch nicht wirklich fahren, denn die Straßen waren eigentlich zu eng für zwei Autos und obwohl nur 80 km/h erlaubt waren, fuhren die meisten schneller und ein Seitenstreifen oder Ähnliches gab es nicht. Es wäre also zu gefährlich gewesen. In Deutschland bin ich viel unabhängiger. Anhand von solchen Dingen merkte ich, wie gut es uns eigentlich in Deutschland tatsächlich geht.

Als ich nach meinem Auslandsjahr in Frankfurt landete, hatte ich ein ganz anderes Gefühl, als wenn ich sonst nach einem Urlaub wieder hier gelandet bin. Ich wusste, dass ich wieder in meiner Heimat bin, wo ich hingehöre, weil ich hier daheim bin. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich mich mehr oder weniger mit Deutschland verbunden fühle, ich habe einfach nur erkannt, wie verbunden ich mit Deutschland bin. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ebenfalls ein ähnliches Gefühl haben würde, wenn ich nach einem langen Zeitraum wieder nach Irland zurück gehen würde, da ich dort eine lange und vor allem schöne Zeit verbringen durfte.

St. Patricksday in Dublin ein unvergessliches Erlebnis im Schüleraustausch

Ich habe während meiner Zeit in Irland gelernt Vieles aus Deutschland wertzuschätzen. Ich habe zusammen mit den anderen deutschen Austauschschülern vor allem deutsche Lieder gesungen, viel häufiger deutsche Redewendungen genutzt und an Feiertagen haben wir deutsche Bräuche vermisst. Gemeinsam war es aber viel einfacher, weil man Gleichgesinnte hatte, die etwas Ähnliches erlebten.

Im Großen und Ganzen hatte ich eine wundervolle Zeit. Ich denke oft an die Zeit zurück, an der ich Zeit mit meinen Freunden verbracht habe. Ich bin sehr dankbar, dass mir diese Erfahrung ermöglicht wurde. Ich werde mich immer mit Freude an dieses Erlebnis erinnern.

Ein großer Dank geht an Herrn Ackermann für seine Unterstützung. Ich finde es bemerkenswert, Herr Ackermann, dass Sie so viele Jugendliche unterstützen ihren großen Traum zu verwirklichen.

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