Panama, Jorma, 2023, IJFD
Land und Leute
Am Anfang war in Panama für mich sehr vieles neu, da ich aber ein recht anpassungsfähiger Mensch bin, konnte ich mich relativ schnell an diese Umstellungen gewöhnen. Größere Umstellungen für mich waren zum Beispiel das heiße Tropenklima, die an vielen Stellen doch schwächere Infrastruktur und der Lebensstandard, um ein paar Beispiele zu nennen. Die größte Hürde war aber definitiv die Sprache, ich hatte zwar Spanisch in der Schule, aber hatte nicht wirklich viel gelernt. Dementsprechend konnte ich kaum Spanisch, was die Kommunikation mit meiner Gastfamilie anfangs sehr schwer gemacht hat, da meine Gasteltern kein Englisch oder Deutsch sprachen, sondern nur Spanisch. Andererseits musste ich dann immer Spanisch sprechen, was beim Lernen sehr geholfen hat.
Deshalb waren die ersten Monate relativ schwierig, weil eben so viel neu war. Ich musste mich erst einmal an dieses extrem feucht-heiße Tropenklima gewöhnen, da ich ein Mensch bin dem auch in Deutschland ziemlich schnell warm ist, und ich bei meiner Arbeit in Panama lange Hosen tragen musste, waren die ersten Monate wirklich anstrengend.
Ich habe in Arraijan gelebt, einer Stadt an der Panamericana, direkt außerhalb Panama Citys auf der anderen Seite des Panama-Kanals. Da war auch neu für mich, dass die einzigen öffentlichen Verkehrsmittel Kleinbusse, die sogenannten Piratas, und alte US-amerikanische Schulbusse, die sogenannten Diablo Rojos waren, die zwar feste Haltestellen hatten, aber man trotzdem überall ein- und aussteigen konnte. Und einen festen Fahrplan gab es auch nicht, dementsprechend musste man immer einfach zur Straße gehen und warten bis einer kommt.
Auch der Lebensstandard vieler Menschen dort war neu für mich, auch in meiner eigenen Gastfamilie. Ich lebe hier in Deutschland in einem großen Haus auf dem Land, nur mit meinen Eltern, in meiner Gastfamilie in Panama habe ich in einem für Panama überdurchschnittlich großen Haus gelebt, aber immer mit mindestens 5 Personen. Zusätzlich dazu hatte ich kein eigenes Zimmer, sondern habe mir dies mit meinem Gastcousin Isaac geteilt, welcher aber immer erst spätabends kam und sehr früh morgens wieder losgefahren ist. Das war anfangs schwierig, da ich Einzelkind bin und
immer mein eigenes Zimmer hatte. Aber nachdem wir ein paar Regeln besprochen und uns ein bisschen kennengelernt haben, hat auch das sehr gut funktioniert.
Ich hatte eine Gastschwester (24), und 2 Gastcousins (21 und 18), die ungefähr in meinem Alter waren. Mit ihnen habe ich manchmal Dinge unternommen, wie zum Beispiel an Strand fahren, Fußball
spielen oder wir sind auch zweimal zu einer kleinen Finca gefahren, die meinen Gasteltern gehört. Zusätzlich dazu gab es in meinem Viertel auch einen kleinen Fußballplatz, auf dem Abends immer die Jugend des Viertels Fußball gespielt hat. Da bin ich relativ regelmäßig hingegangen um mitzuspielen. Der Fußball dort war auch ganz anders, als den Fußball den ich aus Deutschland kenne, viel technischer und trickreicher, während der Fußball hier in Deutschland in meinem Verein, oder auf einem kleinen Platz im Park viel taktischer und viel mehr gepasst wird.
Abgesehen davon habe ich viel mit anderen Deutschen aus meiner Ausreise oder den anderen Ausreisen unternommen. Wir sind zum Beispiel oft ausgegangen, waren am Strand, im Dschungel wandern, im Museum oder wenn es von der Arbeit her passte auch im Urlaub.
Mein Arbeitsplatz
Ich habe in einer Schule namens „Centro Educativo Stella Sierra“ gearbeitet, und dort über das Jahr verteilt unterschiedlichen Englisch Lehrern bei ihrer Arbeit geholfen. Die meiste Zeit habe ich in den 7. Klassen verbracht, ich habe zwischendurch aber auch in den 10. und 11. Klassen ausgeholfen. Mein typischer Arbeitstag sah so aus: Ich bin morgens um kurz nach Fünf aufgestanden, habe gefrühstückt und bin dann gegen Sechs Uhr los zur Panamericana, der großen Straße die durch meine Stadt führte, um auf einen Bus zu warten. Zwischen 7:00 und 7:30 bin ich dann immer bei meiner Schule angekommen. Morgens hin hat immer so lange gedauert, da ich jeden Morgen im Berufsverkehr feststeckte.
Wenn ich dann an meiner Schule angekommen war, habe ich den jeweiligen Englisch Lehrer gesucht und mit ihm zu seinen Unterrichtseinheiten gegangen. Dort waren meine Hauptaufgaben dann Aufsicht führen, etwas vorzulesen, da ich die beste Aussprache hatte, Arbeiten korrigieren oder den Schülern Fragen zu beantworten. Es gab aber auch Tage da hatte ich nichts zu tun und saß einfach nur neben dem Lehrer vor der Klasse. Diese Tage waren dann etwas langweiliger. Um 12 Uhr mittags war mein Arbeitstag dann auch schon wieder vorbei, ich habe also 25 Stunden pro Woche gearbeitet. Manchmal allerdings auch etwas weniger, wenn die Schule wegen Stromausfall oder einen Wasserausfall gab. Das gab es sehr häufig, es ist im Durchschnitt einmal alle zwei Wochen passiert.
Meine Arbeitszeit ging nur bis 12 Uhr, da die Schule in einer Art Schichtturnus geführt wurde, das heißt von 7 Uhr bis 12 Uhr kam eine Gruppe Schüler und Lehrer, und von 13 Uhr bis ca. 18 Uhr eine neue Gruppe Schüler und Lehrer. Das wurde so gemacht, da es viel zu viele Schüler für zu wenig Klassenzimmer gab, es waren pro Schicht ca 3000 Schüler an der Schule, also an einem ganzen Tag insgesamt ca 6000 Schüler.
Meine Vorbereitung durch AFS
Um ehrlich zu sein, richtig auf meine Arbeit vorbereitet wurde ich nicht, da es bei den Seminaren vorher nie spezifisch um die Projekte und Berufe ging, aber das verstehe ich auch, da die Projekte alle sehr unterschiedlich sind, und man noch viel mehr Zeit benötigen würde, um jeden Freiwilligen individuell auf sein Projekt vorzubereiten. Ich hätte aber auch nicht so viel mehr Vorbereitung gebraucht, weil die Aufgaben die ich zu erledigen hatte, nicht so komplex und schwierig waren. Außerdem konnte ich ja auch immer die LehrerInnen der Schule fragen, wenn ich ein Problem hatte und nicht wusste wie ich es lösen kann.
Freizeitgestaltung
Nach der Schule bin ich dann entweder nach Panama City gefahren um mich mit Freunden zu treffen, oder bin ins Fitnessstudio gegangen und danach dann nach Hause. An den Wochenenden musste ich nie arbeiten, da die Schulen nur von Montag bis Freitag geöffnet waren. So hatte ich am Wochenende immer Zeit Tagestrips zu machen, oder auch einfach zuhause in der Hängematte zu liegen und mit den Hunden zu spielen.
Meine Gastfamilie
Ich habe mich bei meiner Gastfamilie sofort sehr wohl gefühlt. Nachdem meine Gastfamilie mich von dem Arrival-Hostel abgeholt hatte, sind wir erst einmal zu meiner Schule gefahren und sie haben mir gezeigt, wie ich mit dem Bus dort hinkomme, also wo ich die Haltestellen sind, wo ich umsteigen muss und wie ich dort am besten hinlaufen kann. Dann sind wir zu meiner einen Gastschwester gefahren wo frisch gegrillt wurde und ich direkt einen großen Teil der Familie kennengelernt habe. Meine Familie war extrem groß, der engste Teil der mit mir in einem Haus gelebt hat, bestand aus meiner Gastmutter, meinem Gastvater, meiner einen Gastschwester, meiner Gastnichte und meinen drei Gastcousins. Ansonsten war auch oft meine andere Gastschwester, ihr Mann, ihre beiden Kinder und die Familie der Schwester meiner Gastmutter zu Besuch. Im Schnitt waren sie alle mehrfach pro Woche bei uns zu Besuch. Meine Gastschwestern sprachen relativ gut Englisch, aber haben meistens Spanisch mit mir gesprochen. Der Rest meiner Gastfamilie sprach ausschließlich Spanisch, das heißt wenn es Verständigungsprobleme gab konnten meine Gastschwestern meistens helfen. Ich hatte auch totale Freiheit bei meiner Gastfamilie, ich konnte also immer machen was ich wollte. Ob es Abends feiern gehen, oder in Urlaub fahren war, ich sollte nur Bescheid sagen wo ich bin und wann ich wieder nach Hause komme.
Ich habe aber auch oft etwas mit meiner Gastfamilie unternommen, zum Beispiel hatte meine Gastfamilie eine kleine Finca auf einer Farm weit im Landesinneren, zu der wir mehrmals hingefahren sind. Oder wir sind an den Strand gefahren, und zu dem größten Volksfest Panamas, dem Karneval bin ich auch mit meiner Gastfamilie und einem anderen
deutschen Freiwilligen gefahren. Aber auch andere Feste wie zum Beispiel Geburtstage oder Weihnachten war ich immer eingeladen und konnte sie mit meiner Gastfamilie feiern. Zu meinem eigenen Geburtstag kam auch der ganze engere Teil meiner Gastfamilie zu uns nach Hause. Ich hatte also ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Gastfamilie, dementsprechend traurig war der Abschied dann auch wieder. Aber wir halten über Social Media Kontakt und da ich auf jeden Fall noch mal nach Panama zurückkehren will, und meine Gastmutter auch mal nach Deutschland will, wird es sicherlich ein Wiedersehen geben.
Betreuung durch AFS
Ich fand die Betreuung von AFS Panama sehr gut, da es immer mindestens eine Person gab, die man schnell erreichen konnte und die einem häufig direkt weiterhelfen konnte. Allerdings hatte ich (zum Glück) eigentlich keine wirklichen Probleme, weshalb ich diese Option quasi nie nutzen musste. Außerdem hatten wir vier Seminare, von denen ich an allen teilgenommen habe. Diese waren das On-Arrival Seminar, das Post-Arrival Seminar, das Mid-Stay Seminar und das End of Stay Seminar. Bei dem On-Arrival Seminar haben wir sehr viel über das für uns noch neue Gastland gelernt, zum Beispiel wie man sich hier richtig verhält um nicht in ein kulturelles oder soziales Fettnäpfchen zu treten, oder von welchen Gegenden man sich fernhalten sollte, oder wie man am besten von A nach B kommt.
Die anderen Seminare waren eher dazu da, über die bisherigen Erfahrungen zu sprechen und um die anderen Freiwilligen zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen. Ich persönlich fand alle Seminare sehr gut und auch sinnvoll, da ich anfangs nicht viel über das Land Panama wusste, und das dann natürlich alles extrem hilfreiche Informationen waren. Und es war immer auch sehr schön die anderen Freiwillen wiederzutreffen, da einige am anderen Ende des Landes wohnten und es sonst nicht viele Möglichkeiten gab, sie zu treffen.
Sprache und Kommunikation
Ich konnte sehr wenig Spanisch bei meiner Ankunft in Panama, ich hatte zwar früher schon Spanisch in der Schule, aber dort ehrlich gesagt nicht viel gelernt, und noch mehr wieder vergessen. Aber da meine Gastfamilie fast nur Spanisch sprach musste ich natürlich meistens Spanisch sprechen, was in den ersten Monaten die Kommunikation schwierig gemacht hat, aber im Nachhinein total gut war, weil ich so viel mehr und besser Spanisch gelernt habe. Inzwischen spreche ich fließend Spanisch, würde ich sagen, und habe mich auch zum Ende des Jahres sehr gut auf Spanisch unterhalten können.
In meiner Gastfamilie wurde sehr gut damit umgegangen, falls ich mal etwas nicht verstanden habe. Dann wurde das Gesagte noch mal langsamer in einfacheren Worten wiederholt, und zur Not hat meine Gastschwester es ins Englische übersetzt. Meine Gastschwester habe ich auch hin und wieder mal gefragt, was dieses spanische Wort bedeutet, oder andersherum was die spanische Übersetzung für ein englisches Wort ist.
Während der Arbeit war das ähnlich, nur dass ich mich dort auf Englisch mit den anderen EnglischlehrerInnen unterhalten habe. Mit den Lehrern anderer Fächer habe ich mich selten unterhalten, aber wenn dann auf Spanisch.
Globales Lernen und Entwicklungspolitik
Globales Lernen ist für mich, sich mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen über die eigenen Länder und Kulturen auszutauschen und voneinander zu lernen um sie besser verstehen zu können. Das kann man dann mit seiner eigenen Kultur vergleichen und sieht die Unterschiede und Ähnlichkeiten. Man sieht auch dass es immer etwas gibt, was man von anderen Kulturen noch lernen kann.
Das war auch der Hauptgrund weshalb ich das FSJ machen wollte, ich wusste von vornherein, dass meine Arbeit jetzt nicht viel verändern wird. Aber dieser kulturelle Austausch, den ich hoffentlich bei vielen Menschen dort in Gang gesetzt habe, das ist die Veränderung die ich durch dieses FSJ erreichen wollte. Durch diese Gespräche über die anderen Kulturen entwickelt man einen viel weltoffeneren Blick. Und wird meine Arbeit im Projekt vielleicht doch wichtiger, weil vielleicht einige Schüler verstehen, wie wichtig es ist andere Sprachen außer der eigenen zu lernen, weil sonst dieser
kulturelle Austausch gar nicht erst stattfinden kann.
Ein Beispiel was ich für mich von den Panameños und Panameñas gelernt habe ist ihre Mentalität. Panameños und Panameñas wirken viel lebensfroher, da beispielsweise viel öfter Musik gehört wird und viel mehr gesungen und getanzt wird. Es waren auch die meisten deutlich gelassener und wirkten so, als wäre ihnen egal, was andere jetzt gerade über sie denken. Das könnte so klingen als wären sie unfreundlich gewesen, was nicht so war. Man wurde immer freundlichst begrüßt und hat hilfreiche Tipps für die Umgebung bekommen. Das ist eine sehr gesunde Mentalität, die ich versuche nun für mich selber zu übernehmen, da man dann ziemlich frei und unabhängig ist. Außerdem lebt man dann wie man selber möchte, und nicht wie andere wollen wie man lebt. Ansonsten versuche ich meine Erfahrungen weiterzugeben, indem ich einfach drüber spreche was ich so erlebt und gelernt habe, und so diesen kulturellen Austausch immer fortzusetzen.