Nadine, Ungarn, 2016, Schuljahr im Ausland mit Kreuzberger Kinderstiftung-Stipendium:

Seit einem Monat bin ich wieder in Deutschland, jetzt möchte ich mit diesem letzten Bericht einen kleinen Einblick in mein Auslandsjahr geben.

Meine ungarische Gastfamilie

Beginnen möchte ich mit den Unterschieden zwischen meiner Familie und meiner Gastfamilie. Der größte Unterschied ist, dass meine Familie in Deutschland nur aus mir und meiner Mama besteht, in Ungarn hatte ich neben meiner Gastmutter und meinem Gastvater noch zwei Gastbrüder. Für mich war es sehr interessant, in einer so großen Familie zu leben. Natürlich war das dann auch erst einmal eine Umstellung für mich. Das Rollenverhalten zwischen Männern und Frauen fiel mir in meiner Gastfamilie besonders auf. Ungarische Familien leben noch nach einem sehr traditionellen Familienbild also Mann und Frau mit Kindern. Alle Hausarbeiten werden nur von den Frauen erledigt, während die Männer arbeiten gehen. Für mich war dies bis zum Schluss ungewohnt.

Meine Freunde sind in allen stressigen Situationen ruhig geblieben

In den Schulen haben die Schüler sehr großen Respekt vor ihren Lehrern. Lehrer werden zum Beispiel nicht mit Namen angesprochen, sondern nur mir Herr Lehrer oder Frau Lehrerin. Bevor der Unterricht beginnt, muss jeder aufstehen und dem Lehrer melden, wer fehlt. In meiner Schule in Deutschland gab es wenig bis gar keinen Respekt vor Lehrern.

Freundschaften hatten für mich in meinem Auslandsjahr eine sehr große Bedeutung. Ich habe viele Menschen getroffen egal ob Austauschschüler oder Klassenkameraden. Durch meine Freunde in Ungarn hatte ich nie das Gefühl allein zu sein. Es war eher selten mitzuerleben, dass sich jemand streitet. Falls doch, dann wurde ganz normal darüber geredet bis das Problem weg war. Ich denke, besonders diesen Charakterzug meiner ungarischen Freunde werde ich nie vergessen, weil sie wirklich bei allen stressigen Situationen ruhig geblieben sind.

In meinem Gastland ist es mir leichter gefallen nach Hilfe zu fragen, als in Deutschland. Mir gegenüber waren alle sehr aufgeschlossen, nett und hilfsbereit. Besonders in der Schule wollten mir alle so gut sie konnten helfen.

Ich hatte eine wunderbare Zeit in Ungarn

Eine Eigenschaft, die ich gerne übernehmen würde, ist die Liebe zum Heimatland. Für mich war es jedes Mal so beeindruckend, zu sehen, wie stolz die Ungarn auf ihr Land sind.

Die größte kulturelle Herausforderung war für mich die politische Meinung vieler Menschen. Ich habe mich immer sehr zurückgehalten, wenn jemand das Gespräch darauf gelenkt hat, trotzdem hat es mich sehr oft gekränkt.

Bevor ich ins Ausland ging, hatte ich immer eine sehr negative Meinung über Deutschland. Die erste Zeit in Ungarn, wollte ich dann überhaupt nichts mehr von Deutschland wissen. Irgendwann habe ich mich dann ein wenig gefreut, zurück nach Deutschland zu gehen. Nicht, weil ich Heimweh hatte, ich wusste, dass ich mich sehr verändert hatte und das wollte ich meiner Familie und Freunden zeigen.

Ich denke, ich fühle mich Deutschland weniger verbunden als vor meinem Auslandsjahr. Natürlich lernt man kleine Dinge in seinem Umfeld in Deutschland mehr zu schätzen, aber ich hatte eine wunderbare Zeit in Ungarn, ich habe Menschen kennengelernt, die so faszinierende Meinungen haben, ich hatte die Chance eine der schwierigsten Sprachen der Welt zu lernen, auf eine neue Schule zu gehen, Teil einer neuen Familie zu sein, mich selbst besser kennenzulernen, einfach anders leben zu können.

Mein Auslandsjahr war für mich ein Jahr, das ich niemals vergessen werden kann. Aus dem einfachen Grund das ich erst hier herausgefunden habe, wer ich bin und was ich in meinem Leben möchte.

Deshalb möchte ich der Kreuzberger Kinderstiftung, ohne die es mir nicht möglich gewesen wäre solche Eindrücke und Erfahrungen zu sammeln, danken. Ich bin unendlich dankbar für die Unterstützung.

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