Emily, Frankreich, AFS-Stipendienfonds, 2022

Ankunft in meinem Wunschland

Vor ca. 4 Monaten ging meine Reise los in eine kleine Stadt in der Nähe von Paris und mein Zug fuhr um 7 Uhr aus meiner Heimatstadt Halle ab. Frankreich war nach langem Überlegen mein Nummer 1 Wunschland, weswegen ich mich noch mehr freute. Es fühlte sich alles surreal an, ich war aufgeregt und voller Freude, gleichzeitig hatte ich aber auch Angst. Komme ich gut mit meiner Familie zurecht? Finde ich Freunde? Kann ich mich gut einleben? Lerne ich schnell genug französisch? Tausend Fragen schwirrten in meinem Kopf herum, aber ich denke, von den AFSern die ich kenne, hat sich jeder die gleichen Fragen gestellt. Nach ein paar Stunden Zugfahrt kamen wir endlich in Paris bei unserem Arrival Camp an. Nach einem Wochenende in Paris mit über 250 Leuten aus der ganzen Welt, die dieses Jahr alle ihr Auslandsjahr mit AFS in Frankreich machen, fuhren wir von dort in Gruppen in unsere Regionen. Als der Zug anhielt und alle wussten, dass wir gleich unsere Gastfamilien kennenlernen würden, herrschte riesengroße Aufregung und niemand konnte mehr stillsitzen.

Meine Gastfamilie

Meine Familie besteht aus zwei getrennten Eltern mit jeweils neuen Partnern. Deshalb muss ich jede Woche mit meiner Gastschwester das Haus wechseln. Auch wenn ich deshab anfangs länger brauchte, um mich einzugewöhnen, hat mich meine Gastfamilie immer unterstützt, aufgenommen und manchmal auch aufgemuntert. So sind wir ziemlich schnell zusammengewachsen. Alles um einen herum ist anders als zu Hause. Keiner spricht die gleiche Sprache, man kennt die Menschen nicht, die Schule sieht anders aus und die gewohnten Straßen von zu Hause sind plötzlich auch nicht mehr da. Auch wenn Frankreich vielleicht nicht der ultimative Kulturwechsel ist, merkt man doch im Alltag, dass kleine Sachen die einem sonst gar nicht auffallen, anders gemacht oder angesehen werden.

Französische Schule

Die Schule nimmt einen großen Teil des Tages ein, teilweise hat man um 18 Uhr Schluss, dann manchmal aber auch sehr lange Pausen zwischen den Kursen. Das ist der Ort und die Zeit, mit Freunden zu reden und die Pausen gemeinsam zu verbringen. Mittwoch ist immer nur bis Mittags Schule. Deshalb wird dieser Tag von den meisten genutzt, um etwas mit den Freunden außerhalb der Schule zu unternehmen oder Hobbys nachzugehen. Die meisten Schulen in Frankreich sind sehr groß und haben sehr viele Schüler. Meine Schule hat zum Beispiel 8 Gebäude und über 1500 Schüler. So war ich am Anfang sehr verloren und meine Gastschwester musste mich die erste Woche überall mit hinnehmen, da wir in der gleichen Klasse sind. Ich bin in einer Terminale-Klasse (Abschlussklasse).
In dieser Klassenstufe hat man nur noch zwei Spezialitäten und nicht mehr drei. An meiner Schule war es aber möglich, cinéma (Kino) als ein Hauptfach zu wählen, was 6 Stunden pro Woche unterrichtet wird. Nach jetzt 4 Monaten fängt es langsam an, dass ich im Unterricht halbwegs mitkomme. Fast alle Lehrer sowe Mitschüler haben aber von Anfang an viel Rücksicht auf mich genommen. In der Schule habe ich auch gemerkt, dass man selbst auf die Menschen zugehen muss. Allgemein habe ich gemerkt, dass Franzosen (allgemein, natürlich nicht für alle gesprochen) eher zurückhaltend gegenüber Austauschschülern oder Leuten, die kein französisch sprechen, sind. Sobald ich aber einmal den Anschluss gefunden habe, kamen auch oft Leute auf mich zu. Nach ein paar Monaten in der Klasse sogar auch Leute, mit denen ich noch nie zuvor geredet hatte. Im Allgemeinen, als ich mich dann langsam mit ihnen angefreundet habe, war ich wirklich sehr überrascht von der Offenheit, Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit der Franzosen.

Freizeit mit Freunden und meiner Gastfamilie

In meiner Freizeit versuche ich so viel wie möglich mit meinen Freunden (sowohl den französischen als auch den anderen AFSern) und meiner Gastfamilie zu unternehmen. Das ist meist nach der Schule, wenn wir etwas früher als 18 Uhr Schluss haben. Denn in Frankreich ist meist nach der Schule wirklich Schluss, ohne allzu viele Hausaufgaben. Mit den AFSern, die mit mir zusammen in Paris angekommen sind und in meiner Region wohnen, haben wir mehrere AFS-Treffen. Wir versuchen aber auch so oft wie möglich etwas außerhalb zusammen zu unternehmen, da wir alle zusammen wie eine kleine Familie zusammengewachsen sind.
In den Ferien ist meine Gastfamilie mit mir zu den Großeltern gefahren. Dafür mussten wir einmal durch ganz Frankreich fahren und haben es somit mit einer kleinen Frankreich-Tour verbunden. Die einen Großeltern wohnen im Süden und die anderen bei Rennes. Dadurch und dadurch, dass wir eine Woche bei Freunden in Lyon übernachten durften, konnte ich schon viel von Frankreich sehen.
Besonders an Weihnachten konnte ich bei meiner Gastfamilie viele unterschiedliche Spezalitäten probieren. Sei es Pâté en croûte, Foie graz oder die Bûche de Noël. Am 24. gib es meistens wie bei uns ein riesenroßes Festessen mit der ganzen Familie. Mit allen Cousins/Cousinen, Onkel und Tanten. Also es ist hier wirklich ein Familienfest mit sehr sehr vielen Menschen und genausoviel Essen.

Herausforderungen

Für mich ist das Auslandsjahr wie eine sehr lange Zeit – die aber sehr/zu schnell vergeht. Mit vielen täglichen kleinen aber auch großen Herausforderungen, genauso wie vielen Höhen.

Ich habe neben Englisch eine andere Sprache gelernt

Das mit der Sprache ist eine nicht ganz zu unterschätzende Herausforderung. Man versteht am Anfang nicht so viel und muss erstmal die Sprache lernen, sagt sich sehr leicht und stimmt zwar auch. Allerdings hat es, zumindest bei mir, 3-4 Monate gedauert, bis ich die Gespräche, die Witze oder den Unterricht verstanden habe und auch einigermaßen gut antworten konnte.
Jetzt, da ich mich gut allein zurechtfinden kann, bin ich froh, ein Land gewählt zu haben, dass nicht englisch als Landessprache hat. So hatte ich neben englisch die Möglichkeit, eine andere und herausfordernde Sprache zu lernen, was sonst alleine in Deutschland sehr viel schwieriger gewesen wäre.
Irgendwann kommt das mit dem fließender Sprechen auch von ganz allein. Meine Gastmutter hat mir zum Beispiel ein Buch gegeben, wo ich Wörter, die ich höre, aber nicht verstehe aufschreiben und sie später übersetzen kann. Einmal habe ich dann aber über die Ferien vergessen, diese Wörter zu übersetzen, habe zwei Wochen später erst wieder reingeschaut und wusste schon viele Vokabeln.

Heimweh

Heimweh war meine zweitgrößte Herausforderung. Das ging aber eher mit der fremden Sprache einher, die es anfangs schwierig machte, so zu kommuniezieren und mich auszudrücken, wie ich es möchte. Dadurch habe ich am Anfang sehr stark meine Freunde vermisst. Seit meinem ersten Tag hier bin ich aber mehr als froh, Frankreich als mein Austauschland gewählt zu haben. Da ich jetzt schon weiß, dass ich nächstes Jahr um die Zeit meine Gastfamilie und meine Freunde hier genauso vermissen werde, wie jetzt meine Freunde in Deutschland, kann ich meine restliche Zeit hier sehr genießen.

Praktisch ist auch, dass der Weg nach Frankreich nicht zu weit ist und ich auch noch nach meinem Auslandsjahr mit all den Leuten, mit denen ich das Jahr verbracht habe Kontakt halten und sie auch besuchen kann. Ich denke, das macht besonders nach dem Austausch nochmal einen großen Unterschied.

Zum Schluss möchte ich meinem Stipendiengeber AFS Deutschland für die finanzielle Hilfe bedanken, die es mir überhaupt erst ermöglicht hat, auszureisen, all die neuen Leute kennenzulernen und so viel in einer so kurzen Zeit zu erleben.

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