Jens, Frankreich, AJA-Stipendium, 2023
Beweggründe für das Auslandsjahr
Meine Begeisterung für Frankreich begann mit einem Austauschprojekt meines Orchesters. Ich wollte die Sprache und Kultur besser kennenlernen und beschloss, ein Auslandsjahr zu machen, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern und eine neue Kultur hautnah zu erleben.
Vorbereitung
Die Vorbereitung auf mein Auslandsjahr begann ein Jahr im Voraus. Ich habe an Vorbereitungscamps teilgenommen und mich in Videokonferenzen mit anderen Austauschschülern und Betreuern ausgetauscht. Dies half mir, mich schon ein bisschen auf mein Jahr im Ausland vorzubereiten.
Da AFS keine Sprachkurse anbietet, hat es mir geholfen, durch die Schule schon gewisse Grundkenntnisse in der Sprache zu haben. Wenn man noch keine Vorkenntnisse hat, muss man dann versuchen, sich mit seinem selbstgeschriebenen Spickzettel voll nützlicher Sätze durchzukämpfen.
Ich war der Überzeugung, dass mir « Hand und Fuß » zur Kommunikation den Weg ebnen werden. Was folgte, war eine wilde Mischung aus charmanten Missverständnissen und unfreiwilligen Comedy-Einlagen. Aber eigentlich wurde mir da nur mit Verständnis entgegengekommen.
Ankunft in Frankreich
Nach einem kurzen Flug von Hamburg nach Paris begann mein Abenteuer mit einem „Arrival Camp“ zusammen mit AFSern aus aller Welt. Hier schloss ich schnell internationale Freundschaften und lernte verschiedene Kulturen kennen. Ein Argentinier brachte mir bei, wie man Mate macht und die Gespräche wechselten schnell zwischen allen möglichen Sprachen hin und her.
Ankunft bei der Gastfamilie
Die erste Begegnung mit meiner Gastfamilie in der Region Centre war überwältigend. Obwohl wir vorher nur über WhatsApp und E-Mail Kontakt hatten, fühlte sich alles ganz natürlich an. Besonders der Moment, als ich meine Gasteltern und meine drei Gastgeschwister das erste Mal traf, war unvergesslich.
Erste Eindrücke und Unterschiede
Bereits am ersten Tag bemerkte ich kulturelle Unterschiede. In Frankreich begrüßt man sich mit einem Kuss auf jede Wange – eine völlig neue Erfahrung für mich. Ich hatte das Glück, sofort an einer Familienfeier teilzunehmen und so direkt in die französische Kultur einzutauchen. Das Essen war reichlich und köstlich, obwohl ich nach der Vorspeise schon satt war, denn solch ein französisches Festessen hat mehr Gänge als ein deutsches Jugendherbergsgebäude, woran ich nicht gewöhnt war. An diesem Tag habe ich auf jeden Fall zu viel gegessen.
Leben bei der Gastfamilie
Die ersten Tage waren aufregend und voll von neuen Erlebnissen. Alles war anders: die Essgewohnheiten, die Schulzeiten und meine Freizeitaktivitäten. Es dauerte einige Wochen, bis ich mich an den neuen Alltag gewöhnt hatte. Ich begann, Badminton zu spielen, zu tanzen (auch, wenn diese Sportart immer noch nicht zu meinen Stärken zählt) und Posaune im Orchester zu spielen.
Beziehungen in der Gastfamilie
Die Kommunikation mit meiner Gastfamilie war anfangs eine Herausforderung. Trotzdem habe ich eine enge Beziehung zu meiner kleinen Gastschwester aufgebaut, mit der ich viel Zeit verbracht habe. Sie lernte gerade Lesen und hat mir einige französische Wörter beigebracht und zeigte mir immer wieder ihre aktuellen Lieblingslieder. Meine Gasteltern sind sehr unterstützend, und besonders meine Gastmutter bemühte sich, regelmäßig mit mir zu sprechen.
Es ist echt erstaunlich, wie wir zusammengewachsen sind und es ist echt schwer zu zeigen, wie dankbar man dafür ist, nicht nur bei ihnen leben zu dürfen, sondern ebenso ein Teil der Familie zu sein.
Schulalltag am Lycée
Der Schulalltag in Frankreich war eine große Umstellung. Der Unterricht geht oft von 8 :00 bis 18 :00 Uhr, was viel länger ist als in Deutschland. Zudem gibt es andere Fächer und Lehrmethoden. Besonders schwierig waren die Diktate und die Fächer Geschichte und Französisch, wo ich anfangs wenig verstand. Einen großen Teil des Jahres habe ich also in der Schule verbracht, was ich wirklich sehr schade finde. Auch die Mauer um das Gelände hat mich erstmal verwirrt. Von der Schulkantine in meinem Lycée hätte sich meine deutsche Schule jedoch gerne was anschauen können. Durch die lange Schule kann der Alltag aber in Frankreich durchaus anstrengend sein und nach der Schule fehlt dann die Zeit für Familie und Kultur, was ich sehr schade fand.
Freizeitaktivitäten und Freundschaften
Ich fand schnell Anschluss in einer Freundesgruppe. Schon am allerersten Tag schloss ich mich einer Gruppe an, um gemeinsam in der Stadt zu essen. Timothée, ein Mitschüler, half mir sehr dabei, mich im Unterricht zurechtzufinden und die Sprache besser zu verstehen. Wir verbrachten fast das komplette Jahr zusammen und ich werde wohl nicht die vielen witzigen Momente unter Freunden vergessen. Ich bin dankbar, dass ich durch ihn und die anderen so gut integriert wurde.
Herausforderungen und Fortschritte
Die größte Herausforderung war die Kommunikation. Anfangs verstand ich zwar schon echt viel, aber traute mich kaum zu sprechen. Doch mit der Zeit verbesserte sich mein Verständnis und mein Wortschatz wuchs. Ich merkte, wie ich immer fließender sprechen und den Gesprächen besser folgen konnte. Ein großer Meilenstein ist, wenn man anfängt, auf Französisch Witze zu machen. Am besten ist ein Auslandsjahr dann, wenn man eine ganz neue Sprache und Kultur kennenlernt, denn mit mir waren auch sehr viele in der Region, die vorher nur “Baguette” und “Croissant” sagen konnten. Heimweh habe ich vor allem wegen der langen Schule verspürt. Und natürlich vermisse ich die Zeit mit meiner Familie, aber ich habe in Frankreich eine echt großartige Familie gefunden und zu Weihnachten war das Heimweh so gut wie verschwunden.
Das Auslandsjahr war eine der besten Erfahrungen meines Lebens! Ich habe so viel gelernt und bin selbstbewusster geworden. Ich habe gelernt, Verantwortung zu übernehmen und eigenständiger zu werden. Ich habe gelernt, mich in einer anderen Kultur zurechtzufinden und habe Verständnis und Toleranz für andere Sichtweisen entwickelt. Und ich habe gelernt, meine eigene Kultur besser kennenzulernen. Die Herausforderungen des Auslandsjahres haben mich dazu ermutigt, aus meiner Komfortzone herauszutreten, Ängste zu überwinden und mich neuen Situationen anzupassen. Das war eine tolle Erfahrung!
Danke
Ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, die dieses Jahr zu einer so besonderen und lohnenden Zeit gemacht haben. Meine Gastfamilie und meine Freunde, eure Unterstützung und Freundschaft waren für mich von entscheidender Bedeutung, und ich bin euch unendlich dankbar. Ich gehe mit wunderbaren Erinnerungen, verbesserten Sprachkenntnissen und vor allem mit Freundschaften nach Hause.
Ein ebenso großes Dankeschön sende ich an AFS und meinen Stipendiengeber des AJA-Stipendiums, der dieses erlebnisreiche Jahr erst finanziell möglich gemacht hat und mich bei den Programmkosten unterstützt hat.