AFS-Alumni und Kuratoriumsmitglied

Peter Jacobshagen (USA 1993/94) gehört seit 2019 dem AFS-Kuratorium an. Er lebt mit seiner Frau und ihren Zwillingen in Mannheim und arbeitet seit mehr als 17 Jahren gerne bei SAP. Im globalen Marketing verantwortet er die Medien- und Kampagnenplanungen für Europa, den Nahen Osten und Afrika. Während er nun für gelungene Umsetzungen sorgt, hat er vorher kreativ an der Markenpositionierung und Kampagnengestaltung mitgewirkt.

Seine Karriere bei SAP und sein Engagement für AFS sieht er dabei ganz ähnlich motiviert. Vergleichbar dem AFS Motto lautet die SAP-Firmenvision: „Our purpose is to help the world run better and improve people’s lives”. Beruf und Ehrenamt fassen somit gut ineinander.

Dein Austauschjahr mit AFS liegt nun bald 30 Jahre zurück. Hast du noch Kontakt zu jemandem aus deinem Austauschjahr? 

Über Facebook tausche ich mich immer mal wieder mit anderen Austauschschüler*innen aus, die auch in Phoenix waren. Einmal hatten wir sogar eine kleine Reunion mit deutschen, dänischen, finnischen AfSer*innen des Jahrgangs.

Und parallel zu meinem Austauschjahr hatte meine (deutsche) Familie einen Gastschüler aus den USA aufgenommen. Ihn habe ich später in New York besucht.

Meine Gastfamilie habe ich vor einigen Jahren in Berlin getroffen. Ansonsten halten wir einen eher sporadischen Kontakt. Sie zählen fest zu meinem Bekanntenkreis, wenn auch nicht zum engsten. Ich sehe sie aber noch immer als einen Teil der Familie an. Wichtige Lebensereignisse teilen wir schon – Hochzeit, Geburt der Kinder, aber auch der traurige Tod meines Gastbruders. Meinen eigenen Kindern erzähle ich auch, dass sie eigentlich noch Großeltern in den USA haben.

Wie hat dich dein Austauschjahr in den USA geprägt?

Ich durfte die USA als Land in den 1990ern nah kennenlernen. Jetzt frage ich mich, was ist in den letzten vor allem 7 Jahren dort eigentlich passiert? So habe ich es nicht kennengelernt.

Es ist ein unheimlich freundliches Land, aber nach meiner Erfahrung handelt es sich oft um eine etwas oberflächlichere Freundlichkeit. Natürlich sind manche Kontakte wirklich offen und tiefgehend, aber ich musste doch erst lernen, dass nicht jede Freundlichkeit auf einem ehrlichen Wunsch nach Freundschaft beruht.

In meinem Jahr habe ich ein anderes Verhältnis zu Deutschland gewonnen; Manches erst durch den Unterschied schätzen gelernt. Vieles an den USA ist toll, aber manches ist mir hier doch näher. Deutschland ist liberaler, und auch wenn die USA sich gerne als „Land of the Free“ sehen, herrscht dort oft auch eine gewisse Doppelmoral. Über Themen wie Gleichberechtigung, Sexualität, kulturelle Unterschiede kann man nach meiner Erfahrung hier ungehemmter  sprechen als in den USA. Das weiß ich sehr zu schätzen. 

Welchen Einfluss hatte die AFS-Erfahrung auf deinen persönlichen und beruflichen Lebensweg?

Allein die Sprachkenntnisse haben mir sehr geholfen. Den Englisch LK in der Schule habe ich auf einer A*backe abgesessen, im Beruf nützt es eh. Englisch ist wie eine zweite Muttersprache, es hilft insbesondere bei Verhandlungen im Auftreten und der Präsenz, wenn man nicht nach Worten suchen muss.

Das globale Marketing bei SAP ist sehr US orientiert. Meine Erfahrungen in den USA haben auf jeden Fall mein interkulturelles Verständnis geschult. Das hilft mir im beruflichen Umgang, Machttaktiken und Strategien zu durchschauen. Insbesondere auch Dank der anderen weltweiten Gastschüler*innen habe ich gelernt, kulturelle Feinheiten im Sprachlichen – beispielsweise bei Feedback – einschätzen zu können.

Bei der Umsetzung von in den USA entwickelten Kampagnen für den europäischen Markt helfen mir meine Erfahrungen mit kultureller Heterogenität durch meinen Austausch jetzt sehr. Vor allem die internationalen AFS Camps haben mir früh ein Gespür für die Unterschiede zwischen US-amerikanischen und europäischen Bedürfnissen vermittelt.

 Was ist deine schönste Erinnerung?

Die AFS Veranstaltungen! Der AFS Spirit kam am meisten zum Tragen, wenn wir mit 50-60 Menschen aus der ganzen Welt zusammenkamen. Einmal sind wir alle zusammen mit den Betreuer*innen und Familien den Grand Canyon runter- und wieder raufgeklettert.

Schule war auch schön, aber halt Alltag. Es war toll zu sehen, dass man auch in einem neuen Alltag klarkam. Aber die Ausflüge waren das Besondere, Fröhlichste, aber auch Traurigste wegen der großen, emotionalen Abschiede. Der Abschiedsschmerz zeigte aber auch die engen Banden, die sich in dem einen Jahr gebildet haben.

Was möchtest du Jugendlichen mitgeben, die sich heute überlegen ins Ausland zu gehen?

Ich bin noch in Zeiten weggewesen, als es nicht mal E-Mail gab. In ganz dringenden Fällen hat mein Gastvater meinem Vater ein Fax ins Büro geschickt.

Wie bekommt man es jetzt hin ein völlig anderes Leben im Gastland zu leben, wenn man sich gar nicht lösen muss oder kann, weil man täglich oder gar stündlich im digitalen Austausch mit seiner Herkunftsfamilie und den Freunden steht – das würde mich tatsächlich interessieren.

Für mich war mein Jahr eine sehr lehrreiche Zeit nicht nur über das Gastland, sondern auch das Herkunftsland. Ich habe in der Zeit tatsächlich Deutschland sehr schätzen gelernt – ohne es besser als andere Länder zu sehen. Daher wäre mein Tipp, den Blick auf die Heimat nicht zu verlieren. Man lernt viel über die eigene Heimat. Und dieser Lernprozess geht zuhause nach der Rückkehr weiter. Dann kann man reziprok nochmal das Gastland von außen betrachten und vergleichen.

Du bist seit 3 Jahren im AFS-Kuratorium und engagierst dich seit mehr als 25 Jahren ehrenamtlich. Was motiviert dich zu deinem Engagement und wie vereinbarst du das mit einem intensiven Job und der Familie? 

AFS und seine Mission liegen mir am Herzen, weil mir die tollen Menschen am Herzen liegen und wie sie dazu beitragen, die interkulturelle Verständigung in die Welt zu tragen. Ich habe immer wieder nette Menschen kennengelernt! Und ich mag das generationenübergreifende im AFS, es ist toll was an jungen Menschen nachkommt.

Ich habe hier immer etwas gefunden, das in mein Leben passte. AFS hat sehr unterschiedlich zeitintensive Rollen zu bieten. Ich könnte mich nicht ständig engagieren, aber punktuell wie als Trainer konnte ich mich immer engagieren.

Als ich für das Kuratorium angefragt wurde, hatte ich eigentlich sehr viel zu tun, aber das kann ich zeitlich gut leisten und meine Expertise einbringen.

Auch wenn es Arbeit ist, es war und ist immer toll und ein vergnügsames Zusammensein!

 AFS bedankt sich für das Interview. Die Fragen für AFS stellte Lilian Adlung-Schönheit (09/2022).

 

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