Leon, Kanada, 2017, CSP:

Leon war für drei Monate mit dem Community Service Program (CSP) von AFS in Kanada und hat dort in einer Einrichtung für Bio-Lebensmittel und einer Einrichtung mit dem Schwerpunkt auf Weihnachtsbäume gearbeitet. Über seine Erfahrungen berichtet er uns hier.

Ich habe drei Monate meiner Übergangszeit (vom Abitur bis zum Studienbeginn) in Kanada in Form eines Kurzzeit-CSP verbracht und als Freiwilliger bei Projekten aus dem Non-Profit Bereich mitgeholfen. Ich habe an zwei unterschiedlichen Projekten teilgenommen und so viele, neue Erfahrungen gesammelt und Dinge gesehen.

Die Projekte beim CSP in Kanada

Das erste Projekt, an dem ich teilgenommen habe, heißt „Fresh Roots (Urban Farm Society)“ und ist eine Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Bio-Lebensmittel zu produzieren und diese für alle Menschen zugänglich zu machen. Dazu hat sich die Organisation mit Schulen zusammengeschlossen, um auf deren Schulhöfen Beete anlegen zu dürfen. Im Gegenzug können die Schüler an Kursen teilnehmen, bei denen sie lernen, Gemüse anzupflanzen, diese weiterzuverarbeiten (zum Beispiel zu Marmelade) und sie dann zu verkaufen.

Eingenommene Gelder werden dann in die Vergrößerung der Projekte investiert. Die Gemeinschaft, die dort entsteht und arbeitet, ist sehr freundlich, hilfsbereit und glaubt an ihre Ziele. Ich wurde ausführlich und freundlich eingearbeitet und habe an allen Schichten mitgearbeitet, was von montags bis mittwochs von 9 bis 17 Uhr entsprach. Außerdem habe ich zusätzlich beim Verkauf der Lebensmittel mitgeholfen, was abends am Wochenende auf Weihnachtsmärkten o.ä. stattfand.

Das zweite Projekt heißt „Aunt Leah’s Place“ und ist eine Organisation, die gleich mehrere Bestandteile hat. Sie besteht hauptsächlich aus einem Weihnachtsbaumverkauf, der an mehreren Verkaufsstellen stattfindet. Außerdem hat die Organisation einen „Thrift Store“ (Gebrauchtwarenladen) und ein Lagerhaus, wie auch ein Lieferfahrzeug, mit dem Möbel zwischen Lagerhaus und Laden transportiert werden oder an Kunden geliefert werden.

Durch die verschiedenen Bereiche konnte ich mir immer wieder aussuchen, wobei ich als nächstes helfen will. Auch hier wurde ich ausführlich eingearbeitet und die Mitarbeiter waren offen, hilfsbereit und freundlich. Mir wurde oft gesagt, wie froh die Mitarbeiter dort sind, Unterstützung von Freiwilligen wie mir zu bekommen, was auch ein gutes Gefühl war. Besonders gefallen haben mir hier die Gespräche mit Kunden beim Weihnachtsbaumverkauf, wie auch das Ausliefern von Möbeln mit dem besonders freundlichen Lieferanten.

Eine andere Kultur in Kanada

Bevor ich nach Kanada gekommen bin, dachte ich über Kanada, dass dessen Kultur der deutschen sehr ähnlich ist. Man hört ja immer wieder, dass Kanadier sehr höflich und offen sind und da ich ein höflicher Mensch bin, dachte ich, dass ich mich sehr einfach an diese Kultur gewöhnen würde. In Kanada wurde mir erst klar, was es wirklich bedeutet, einer anderen Kultur in einem anderen Land gegenüberzustehen und zu verstehen, wie die Leute dort denken. Mir ist nämlich klar geworden, dass Kanadier noch viel höflicher sind, als ich es mir vorgestellt hatte.

Verlässt man zum Beispiel den Bus, was sehr oft passiert, da Vancouvers Infrastruktur größtenteils aus „SkyTrain“, einer Art Straßenbahn, und Bussen besteht, ist es üblich, einmal laut „Thank you!“ zu sagen, um sich bei dem Busfahrer für die Fahrt zu bedanken. Das bedeutet aber nicht, dass die Fahrt kostenlos ist! Auch bei Situationen, die wir Deutsche nicht weiter beachten, zeigen Kanadier, dass sie besonders höflich und zuvorkommend sind. Geht man zum Beispiel auf einen Kanadier auf dem Bürgersteig entgegen und weicht ihm aus, ohne sich sonderlich dabei anzustrengen, entschuldigt sich der Kanadier direkt.

Dies ist nur eine von vielen Situationen, in denen ich sehr überrascht über das extrem höfliche Verhalten der Kanadier war. Diese aufgesetzte Höflichkeit macht es schwer, zu entscheiden, ob die Person einfach freundlich oder doch höflich ist. Irgendwann hat mich diese Höflichkeit schon genervt, ich konnte mich nie wirklich daran gewöhnen. Was aber meinen Vorstellungen entsprach, war das Klarkommen mit der englischen Sprache. Alle Leute dort können Englisch sprechen, manche sogar Deutsch. Jedoch war es manchmal schwierig, meine Gasteltern zu verstehen, da ich mit Akzenten allgemein ein Verständigungsproblem habe und beide einen starken philippinischen Akzent hatten.

Da ich in der Schule in Englisch immer schön aufgepasst habe, hatte ich beim Englisch sprechen keine Probleme, aber wenn mir mal ein Wort nicht einfiel, halfen mir die freundlichen Kanadier, darauf zu kommen. Ich kann sagen, dass sich meine Englischkenntnisse, auch besonders im alltäglichen Sprachgebrauch, stark verbessert haben. Es war sogar schwierig, nach so langer Zeit wieder auf Deutsch zu denken.

Ein paar Worte zu Vancouver

Die Stadt ist sehr interessant, da Innenstadt und Natur sehr nahe aneinander liegen. So kann man „mal eben“ aus dem Großstadtleben ausbrechen und sich den großen und schönen „Stanley Park“ oder auf die atemberaubende Insel (Geheimtipp) „Bowen Island“ reisen. Natürlich kann man auch auf einen der Berge zum Skifahren fahren. Die Kultur ist sehr multikulturell, viele Menschen kommen ursprünglich aus Asien (sehr viele von den Philippinen) und sogar aus Deutschland. Auch meine Gastfamilie hatte eine philippinische Abstammung, was in Vancouver nicht unüblich ist. Ich traf auch viele Jugendliche aus Deutschland und Japan, die dort, wie ich, nur für einen kurzen Zeitraum waren und die Kultur erkunden wollten.

Meine Gastfamilie – Eine andere Familie

Wie ich bereits erwähnte, wurde ich bei einer Gastfamilie mit philippinischer Abstammung untergebracht, was in Vancouver nicht unüblich ist. Diese wohnt nahe an einer Bushaltestelle, wodurch ich sehr einfach zu einer SkyTrain-Station und so einfach zur Innenstadt und zu den Arbeitsstellen kommen konnte, auch wenn die Fahrten zu vielen Stellen oft sehr lang waren. Die Gastfamilie selbst war leider eine der wenigen Dinge, die mir nicht so gut gefallen haben.

Mein Zimmer war sehr klein und hatte nur das Nötigste und das Essen war oft sehr eintönig. Alle Familienmitglieder waren jedoch sehr freundlich und hilfsbereit und waren für alle meine Fragen offen. In den ersten Wochen traf ich nicht viele der Familienmitglieder an, nur den Vater traf ich regelmäßig, das Essen stand auch über den restlichen Zeitraum essbereit auf dem Tisch, wenn ich zum Essen kam, so kam es nie zu einem Familienessen.

Ich hoffe, dass ich niemanden von einem Auslandsaufenthalt abschrecke, jedoch sollte man auf jede Art von Gastfamilie vorbereitet sein. Besonders gut ist mir aufgefallen, dass die Familienmitglieder mir auch bei größeren Problemen geholfen haben, hierzu brachte mich zum Beispiel einer der Söhne an meinem ersten Tag zur Arbeit und die Eltern brachten mich bei der Rückreise zum Flughafen.

Verschiedene Organisationen

AFS hat meine Erwartungen erfüllt und mir alle Informationen usw. ordnungsgemäß zugeschickt, auch das Vorbereitungstreffen war gut organisiert und informationsreich, hier kann ich mich nicht beklagen. Bei der kanadischen Partnerorganisation kann ich mich ebenfalls nicht beklagen, die Mitarbeiter waren sehr freundlich und gut organisiert und haben mich zwischendurch gefragt, wie es mir geht und ein Einstiegstreffen veranstaltet, damit war ich ebenfalls sehr zufrieden.

Bei den weiteren kanadischen Organisationen sah dies jedoch ganz anders aus. Da die verschiedenen Bereiche (Unterkunft, Flughafenankunft und -abflug, usw.) von verschiedenen kanadischen Organisationen bearbeitet wurden, gab es immer wieder Verständigungsprobleme zwischen den Organisationen und es kam zu der Übermittlung von Fehlinformationen. Außerdem gab es mehrere gravierende Bearbeitungsfehler, wie zum Beispiel die ungenaue Angabe der Adresse der Gastfamilie. Es gab auch Probleme in der Zusammenarbeit zwischen meiner Gastfamilie und dem Anbieter vor Ort. Auch hier möchte ich keinesfalls aus diesen Gründen von einem Auslandsaufenthalt abraten, ich möchte nur wieder zeigen, dass man auf alles vorbereitet sein sollte.

Mein Fazit

Ich habe schon vor meiner Reise nach Kanada bei einer Freiwilligenorganisation mitgeholfen, weshalb ich schon vorher damit Erfahrungen hatte. Jetzt bin ich sehr froh, dass ich noch weitere Freiwilligenorganisationen kennengelernt habe, da ich so viele neue Fähigkeiten erlernen und Erfahrungen machen konnte. Es ist auch schön, mit so freundlichen Menschen zu arbeiten, die sich über jede zusätzliche Hilfe freuen.

Ich bin auch froh, eine andere Kultur kennengelernt und ein anderes Land gesehen zu haben. Trotz ein paar Probleme, die natürlicher immer auftreten können, bereue ich überhaupt nicht, diese Reise mit AFS Deutschland gemacht zu haben und bin sehr froh, mich dazu entschieden zu haben. Ich empfehle AFS und die Mitarbeit bei Freiwilligenorganisationen im Ausland, bzw. in Kanada, gerne weiter!

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