Gastfamilie Behrens, Kolumbien, 2016-2017:

So ein bisschen ist es wie vor der Geburt: Wie wird es sein mit einem Kind (mehr)? Wie wird sie sein, was wird sie mögen und was nicht? Werden wir uns verstehen? Auf alle Fälle ist es sehr aufregend!

Bei uns kam hinzu, dass wir am gleichen Tag unseren Sohn zum Flughafen gebracht haben, von wo er zu einem Jahr mit AFS nach Portugal aufgebrochen ist. Und nur ein paar Stunden später kam Mapis (Maria Paula) aus Kolumbien an.

Bisher haben wir tolle 8 Monate miteinander verlebt. Wahnsinn! Schon 8 Monate um – und – oh Schreck, es bleiben nur noch gut 2 Monate übrig!

Es ist schon ein großer Schritt, ein neues Familienmitglied in die Familie aufzunehmen. Denn es ist etwas anderes, wenn ein Gast für ein paar Tage oder Wochen kommt. Bei einem Jahr muss sich die Familie so weit öffnen, dass das „Kind“ an allem Anteil haben kann. Da bekommt es auch alles mit und nicht nur die Besuchsseite der Familie. Anders herum bekommt auch die Familie alles mit, was „ihr Kind“ in diesem Jahr an Fröhlichem, Traurigem und Nachdenklichem erlebt.

Aber es hat sich gelohnt, diesen Schritt zu wagen, denn es ist unglaublich bereichernd! Wir sind zusammen gereist und haben gemeinsam Deutschland und die Toskana entdeckt, sie hat die Großeltern kennengelernt und weitere Reisen mit ihren Freunden unternommen.

Wie viele Gespräche haben wir über Kolumbien, über Gemeinsamkeiten, Unterschiede, die Kultur, aber auch über Probleme und Vorurteile, über Erlebtes und ihre Familie geführt. Wie oft haben wir zusammengesessen und uns über „die Deutschen“, typische Merkmale, Essen und natürlich die Sprache (Regeln, Ausnahmen und Tücken) unterhalten und festgestellt, dass Mapis in einigen Bereichen deutscher ist als mancher Deutsche ;). Wir hatten das große Glück, dass Mapis schon mit einigen Deutschkenntnissen und fließendem Englisch zu uns kam, so dass wir keine Verständigungsschwierigkeiten hatten. So waren die Gespräche am Anfang sehr gemischt, der deutsche Teil sehr langsam und mit einfachen Worten, notfalls mit englischer Übersetzung (vor allem früh morgens  oder nach einem langen Tag ;)) Und ich glaube wir werden alle ihre „Mapis, was?“ – Nachfragen im Ohr behalten, wenn in unseren Gesprächen ihr Name fiel. Ihre Sprachkenntnisse wurden faszinierend schnell besser und inzwischen reden wir so schnell wie immer und sie versteht uns trotzdem.

Es ist bemerkenswert, wie viel bewusster Manches in diesen Gesprächen wird und wie viele Gedanken man sich über Dinge macht, die einem selbstverständlich erscheinen: was passiert in welchen Jahreszeiten, was sind Frühblüher, wann verwendet man falls, wenn und wann ob? Oder: In Deutschland ist es auch warm! Mapis musste im zugegebenermaßen ungewöhnlich warmen September kurz nach ihrer Ankunft erst einmal kurze Sachen kaufen. Sie hatte geglaubt, in Deutschland sei es immer kalt. 😉

Wir hatten/ haben mit Mapis aber natürlich auch deshalb großes Glück, weil sie selbst von Anfang an offen für alles und neugierig war, Neues auszuprobieren, sich auf Unbekanntes einzulassen. Sie zeigt Interesse an allem, was unsere Familie, Deutschland, die deutsche Kultur und die deutsche Sprache angeht und fragt viel.

Und noch einmal ein Glück, dass unsere beiden Töchter sich sehr gut verstehen und dadurch viel zusammen machen. Mapis konnte in der Schule mit ihrer Schwester Ronja mitlaufen, sogar am Anfang gemeinsam auf Kursfahrt fahren, sodass sie schnell Anschluss gefunden hat und wir als Eltern uns darum nicht kümmern mussten.

So neigt sich ein Jahr des familiären Zusammenwachsens und des interkulturellen Daueraustauschs dem Ende entgegen. Wir lassen Mapis nur ungern ziehen, aber ich bin sicher, wir werden in Kontakt bleiben und uns wiedersehen!

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