Lea, Mexiko, 2015, Schuljahr im Ausland mit AFS München Stipendium:

Mein Auslandsjahr ist jetzt schon seit ein paar Wochen vorbei. Während dem Jahr habe ich viele interessante und tolle, sowie auch einige schwierigere Situationen erlebt. Doch trotz allem war es ein unglaubliches Jahr, in dem ich so viel über eine neue Kultur und eine neue Sprache gelernt habe. Und dafür bin ich sehr dankbar, denn ich glaube, all diese Erfahrungen werden mir noch ein Leben lang helfen und mich bei meinen Entscheidungen unterstützen.

Was ich an Mexiko so liebe

Mexiko ist ein Land vieler Widersprüche. Auf der einen Seite ist es ein Land mit hoher Kriminalität und Armut, aber auf der anderen ist es so reich an Lebensfreude, Traditionen und Kultur. Und genau diese Widersprüche sind es, die ich an Mexiko so liebe. Mir wurde gezeigt wie man, obwohl man kaum genug Essen für die eigenen Kinder hat, trotzdem unglaublich gastfreundlich sein kann. Wir wurden von wildfremden Menschen, die selbst wenig genug zum Leben haben, in ihr Haus eingeladen, damit wir nicht in unseren Zelten frieren mussten. In Mexiko sind Werte wie Gastfreundschaft oder auch Familie noch viel stärker ausgeprägt, als ich es in Deutschland kenne. Und ich bin dankbar, all diese Eindrücke und Gepflogenheiten, die ich dort kennengelernt habe, jetzt mit nach Deutschland zu nehmen.

Unterschiede zwischen meiner mexikanischen und meiner deutschen Familie

Die Familien in Mexiko können sehr unterschiedlich sein. Und während diesem Jahr, durfte ich auch viele dieser Familien kennenlernen. Zum einen meine zwei Gastfamilien und zum anderen aber auch die Familien der anderen Austauschschüler und die von Freunden, die mir immer das Gefühl gaben, Teil der Familie zu sein. Und das, obwohl ich oft nur für eine Übernachtung dort war. Eines haben die meisten Familien  gemeinsam: Sie sind groß! Und zwar richtig groß – vor allem nach deutschem Standard. Und wenn dann Alle zu Weihnachten oder Geburtstagen zusammen kommen, dann geht es richtig rund. In meiner zweiten Gastfamilie hatte ich schon alleine 14 Tanten und Onkel, plus die jeweiligen Lebenspartner und deren Kinder und Kindeskinder. Da ist es schon einmal vorgekommen, dass ich zusammen mit meiner Gastmutter an die 10 Kuchen gebacken habe, damit auch ja alle satt wurden. Kein Wunder, dass es dann bei wichtigen Festen, wie zu einer Hochzeit, schon mal zu 500 bis 1000 Gästen kommt (nur die Familie, Freunde sind da noch gar nicht mitgezählt).

Männer in Mexiko – alle Machos oder?

Es ist erstaunlich, wie schnell man sich an die Aufmerksamkeit der mexikanischen Männer gewöhnt. Im Bus wird man beim Einsteigen freundlich vorgelassen und wenn es keine freien Sitzplätze mehr gibt steht sofort irgendwer auf und bietet dir einen an. Das liegt bestimmt nur an meinen blonden Haaren, wie immer – der Gedanke ist mir natürlich sofort wieder gekommen. Aber nein, es ist schon auffallend, wie zuvorkommend sie grundsätzlich sind. Und das schon bei den ganz Kleinen. Einmal wollte mir sogar ein 4-Jähriger seinen Platz geben. Da war ich echt perplex. Natürlich ist die Rollenaufteilung von Mann und Frau noch sehr extrem in Mexiko, aber manchmal kann das schon echt praktisch sein. Da ist es mir hier zurück in Deutschland schon  passiert, dass ich fast gegen eine Tür gerannt bin, weil ich es so gewöhnt war, dass sie mir aufgehalten wird.

Was ist mir in Mexiko leichter gefallen als in Deutschland?

Ich habe die mexikanische Mentalität in diesem Jahr sehr zu schätzen gelernt. Trotz meiner anfänglichen Sprachschwierigkeiten wurde ich überall super herzlich aufgenommen. Die Menschen dort sind so freundlich und offen. Auch nach einem Schulwechsel hatte ich keine Probleme Anschluss zu finden. Alle dort sind sofort  von sich aus auf mich zugekommen und haben mich auf Partys oder ins Kino eingeladen. Obwohl ich in meiner zweiten Schule nur 2 Monate verbracht habe, sind mir die Menschen dort extrem wichtig geworden und ich halte immer noch Kontakt mit ihnen. Durch diese Mentalität habe ich mich einfach immer gut aufgehoben gefühlt und hatte eigentlich nie Probleme Kontakte zu knüpfen.

Eigenschaften und Werte, die ich mit nach Deutschland gebracht habe

Wie gesagt, ich finde die Herzlichkeit und Offenheit der Mexikaner bemerkenswert. Und auch, dass sie sich immer mit einem Küsschen auf die Wange begrüßen und verabschieden. Und bei näheren Bekannten, oder in der Familie, kommt dann noch eine Umarmung dazu. Ich finde das echt super praktisch. Da kommt man nicht wie in Deutschland öfter in die Verlegenheit, dass man nicht weiß, wie man sich von welcher Person genau verabschieden muss oder darf. Schwierig wird es in Mexiko  erst, wenn du auf einem größeren Fest bist. Denn da  musst du sowohl jeden persönlich begrüßen, als auch wieder verabschieden. Das konnte dann schon immer  eine geraume Weile dauern, bis wir dann endlich nach Hause gekommen sind (vor allem auch, weil meine Gastmutter dann immer noch mit jedem, von dem sie sich verabschiedet hat, ein neues Gespräch angefangen hat).

Das mit dem Umarmen ist in Deutschland ja leider nicht so üblich. Ich werde jetzt ständig komisch angeschaut von vielen, weil ich einfach jeden umarme. Ich hab mich da aber schon so daran gewöhnt, dass ich mir das wohl nicht so schnell abgewöhnen werde.

Deutschland vs. Mexiko

So, jetzt hab ich schon so lange von Mexiko geschwärmt, da kommt doch die Frage auf, ob es auch etwas gibt, was ich an Deutschland bevorzuge. Naja, in vielen Bereichen fühle ich mich Mexiko gerade mehr verbunden als Deutschland. Obwohl ich es schaffe, für deutsche Verhältnisse, so gut wie immer unpünktlich zu sein, ist das nichts gegen Mexikaner. Wenn die Party um 8 anfängt, wieso sollte man sich vor halb neun denn schon fertig machen? Und wenn man dann gegen 10 schon da ist, dann ist man viel zu früh und steht alleine auf der Party, weil alle anderen erst viel später kommen.

Und noch eine Sache habe ich an Deutschland sehr zu schätzen gelernt. Wir sind es gewohnt, dass man uns sagt, wenn man etwas falsch gemacht hat, oder sich jemand gekränkt fühlt. Mexikaner finden das aber unhöflich und versuchen es dir irgendwie indirekt zu sagen. Ich habe leider bemerken müssen, dass ich das mit dem indirekt reden nicht so gut verstanden habe. So ist es zum Beispiel einmal vorgekommen, dass meine Gastmutter dachte, ich mag ihr Essen nicht, weil ich mein Pausenbrot (einmal in sechs Monaten!) weggeschmissen habe. Aber anstatt mich zu fragen, was los ist, war sie beleidigt. Bis ich dann endlich nach einer Ewigkeit herausgefunden habe, warum, und ihr dann endlich erklären konnte, dass es nicht an ihrem Essen gelegen hat, sondern nur daran, dass die Mayonnaise schlecht war. So ist ja dann zum Glück alles wieder gut gewesen. Aber daran habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, miteinander zu reden, weil sonst aus einem kleinen Missverständnis eine Menge Probleme entstehen können.

So, das war es jetzt, mit meinem Bericht über Mexiko –  obwohl ich wahrscheinlich noch seitenlang weiterschreiben könnte. Ich bin so dankbar, dass ich dieses Jahr in Mexiko verbringen durfte. Und auch für meine Familien und Freunde, die mich dort in dem fremden Land, unterstützt haben. Einen großen Dank auch an AFS Stip München, durch deren Unterstützung dies erst für mich möglich wurde. Ich habe das Gefühl, so viele  Dinge in diesem Jahr gelernt zu haben, die ich gerne mit anderen Menschen teilen möchte. Und so ein Auslandsjahr macht auf jeden Fall süchtig. Ich würde am liebsten gleich wieder eine neue Reise planen und unternehmen.

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