Marnie, Großbritannien, 2017, Schuljahr im Ausland mit AFS-Stipendium:

Nun ist es schon fast halb vorbei, das Auslandsjahr. Am Anfang dachte man, dass 9-10 Monate verdammt lang sind, aber eigentlich ist es genau das Gegenteil. Ich meine, das wurde uns auch gesagt, dass das so ist, aber richtig realisiert man das dann doch erst hier.

Als wir vor über vier Monaten in London ankamen, hat sich alles noch surreal angefühlt. Man war noch mit seinen Freunden zusammen, hat Deutsch geredet und, zumindest ich, konnte mir nicht vorstellen, dass ich in zwei Tagen in ein fremdes Haus ziehen würde, mit fremden Menschen in einem anderen Land. Ich wusste nicht, wie das funktionieren soll, und war ziemlich nervös. Mir graute vor ‘peinlicher Stille’.

In echt war das dann gar nicht so schwer.

Seit ich in England bin, fühle ich mich mehr deutsch

Als ich mit meinem Gepäck am Bahnhof war, hatte mein Handy den Geist aufgegeben und ich bin etwas ziellos herumgewandert, bis meine Gastmutter mich fand. Ich hatte zwar Bilder von ihr gesehen, aber in Fleisch und Blut sah sie dann doch anders aus. Darauf folgte der erste Moment in dem ich merkte, ja, du bist nicht mehr in Deutschland, als ich ins Auto stieg…prompt auf der falschen Seite. Es dauerte eine Weile bis ich ohne nachzudenken wusste auf welcher Seite die Autos kommen, aber jetzt ist es schon normal geworden.

Was mir außerdem aufgefallen ist, ist, dass seit ich hier in England bin, ich mich mehr deutsch fühle als je zuvor in meinem Leben. Ich hatte nie wirklich darüber nachgedacht, es interessierte mich einfach nicht und es schien mir auch nicht wichtig zu sein, aber jetzt, sobald meine Heimatstadt erwähnt wird, werde ich aufmerksam.

Meine britische Gastfamilie

Wie auch immer, der Anfang meines Aufenthalts war… taff. Nicht wegen Heimweh, nein, tatsächlich hatte ich bisher gar kein Heimweh, aber ich fühlte mich nicht wohl in meiner Gastfamilie. Inzwischen, das kann ich sagen, ist das anders. Ich habe mich an das Haus und die Familie gewöhnt (zugegeben, wir sind sehr verschieden, aber ich habe sie lieb gewonnen) und auch daran, dass ‘sauber’ hier, zumindest in Bezug auf die Häuser, irgendwie anders verstanden wird. Viele Austauschschüler, mit denen ich hier zur Schule gehe, erleben das genauso.

Selbst nach dem zweiten Monat wollte ich noch wechseln, aber ich bin froh, dass ich geblieben bin. Ich kann das allen nur ans Herz legen, etwas Geduld zu haben. Es ist nicht unbedingt so, wie man sich das vorstellt. Eigentlich ist es in den meisten Fällen ganz anders, aber was auf den AFS-Wochenenden gesagt wird, dass man sich auf die Umgebungen einlassen muss, stimmt schon.

Nichts desto trotz muss ich sagen, dass dadurch, dass die Familien in Großbritannien Geld bekommen wenn sie Schüler aufnehmen, das Ganze hier nicht nur um den Austausch geht. Das ist ein großer Unterschied zu anderen Gastländern, den man auch spürt, was aber nicht heißt, dass die Erfahrungen, die man hier sammelt, weniger wertvoll sind.

Was die ersten Tage definitiv erleichtert hat war, dass ich nicht allein in der neuen Umgebung war, sondern die Familie mit zwei weiteren Austauschschülern teilte und, dass meine Familie mir direkt die meisten Dinge zeigte und erklärte, ohne dass ich groß nachfragen musste.

Ich habe gelernt, unabhängig zu sein

So frei von Verantwortung für andere war ich noch nie und gleichzeitig musste ich noch nie so viel Verantwortung für mich selbst übernehmen.

Ich denke, dass, neben der Sprache, ich am meisten gelernt habe unabhängig zu sein und auch selbstbewusst. Man muss viel öfter jemanden um Hilfe bitten und nachfragen und wenn man soziale Ängste hat, wie ich, dann ist das nicht immer einfach. Aber es wird hier immer einfacher.

Schule in England: Man lernt in jedem Fach sehr intensiv

Zuletzt möchte ich noch ein paar Worte zur Schule in England sagen (Sixth Form um genau zu sein). Die Fächer die man hat kann man zwar an einer Hand abzählen, aber dafür lernt man in jedem Fach sehr intensiv. Es ist manchmal schwer mitzuhalten, aber fast alle Lehrer, die ich bisher hatte, waren unglaublich freundlich und respektvoll.

Ich bin gespannt, was mich noch erwartet, das ist ja bloß ein Zwischenbericht. Ein großes Dankeschön an den AFS-Stipendienfonds für die Unterstützung.

 

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