Eda, Belgien, 2011, Schuljahr im Ausland mit AFS-Stipendium:

Mein Name ist Eda und ich verbrachte mithilfe von AFS ein Auslandsjahr in Belgien. Bevor ich jedoch beginne über mein Jahr im Ausland zu berichten, möchte ich mich herzlich bei allen bedanken, die mir dies überhaupt ermöglicht haben. Ich kann jedem nur empfehlen diese Erfahrung zu machen und die Begleitung durch AFS, erleichterte mir mein Aufenthalt in einem mir anfänglich fremden Land. Ich bin froh, dass ich immer einen Ansprechpartner hatte, der mir bei allen Belangen mit Rat und Tat zur Seite stand. Danke AFS, danke liebe AFS Mitarbeiter und vielen Dank für die finanzielle Unterstützung, ohne die ich wahrscheinlich nicht hätte gehen können!

Meine Gastfamilien

Nun möchte ich euch meine Zeit dort etwas schildern. Ich hatte das Glück, in Belgien mit zwei Familien gelebt zu haben, dadurch konnte ich mehr Erfahrungen sammeln. In meiner ersten Familie hatte ich drei Gastgeschwister und es war eigentlich vergleichbar mit meinem Zuhause in Deutschland, da ich hier auch Geschwister habe und die alltäglichen Rangeleien unter Geschwistern ja bereits kannte. Obwohl meine Gastgeschwister quasi Fremde waren, empfand ich es als angenehm auch dort eine ältere Schwester und jüngere Brüder zu haben, denn so hatte ich weniger Heimweh, da man ja seine Familie vermisst und auch bestimmte Situationen, egal ob die Diskussion mit der Schwester um ein Oberteil oder die spaßigen Handgemängel mit dem jüngeren Bruder. Natürlich war es dort nicht wie Zuhause, aber die Konstellation stimmte wenigstens. Ebenso war es mit den Eltern, sie waren weder strenger noch lockerer als meine Eltern, auch wenn sie vielleicht erziehungstechnisch andere Prinzipien hatten. Wenn es um wichtige Angelegenheiten ging, entschieden die Eltern stets gemeinsam und man konnte offen über alles reden. Im Großen und Ganzen hatte ich mit meiner ersten Gastfamilie eine gute Zeit, die ich nicht bereue, auch wenn es für mich nicht immer leicht war.

Als ich die Gastfamilie wechseln musste, bot mir meine Lehrerin aus der Schule an, mich aufzunehmen und ich war überglücklich, da sie auch gleichzeitig meine Lieblingslehrerin gewesen ist. So kam ich in meine zweite Familie. Ganz anders als Zuhause oder in meiner 1. Gastfamilie war ich dort „Einzelkind“ und Mittelpunkt des ganzen Geschehens. Es war einfach eine wundervolle Zeit, mit meinen beiden Gasteltern habe ich mich super verstanden und wir haben uns prächtig amüsiert. Ich kannte es bis dato nicht allein zu sein, ohne Geschwister. Es war ungewohnt, jedoch nicht im negativen Sinne.

Wenn ich in der Schule etwas nicht verstanden habe oder Probleme hatte, konnte ich zu meinen Eltern und natürlich war es vom Vorteil, dass meine Gastmutter meine Lehrerin war. So konnte sie das in der Schule Gelernte mit mir nochmals in Ruhe wiederholen, sodass mir das Erlernen der neuen Sprache leichter fiel. Überhaupt gewöhnte ich mich sehr schnell an die neue Sprache.

Zurück in Deutschland sagen alle, ich hätte mir einen französischen Akzent angeeignet. Das Verhältnis zu meinen zweiten Gasteltern ist so gut und intensiv, dass wir uns regelmäßig schreiben und uns besuchen wollen. Sie sind bereits ein Teil der Familie und ich hoffe, sie sehen das genauso. Ansonsten fand ich nicht das es sehr große Unterschiede mit meiner Familie hier und meiner Familie in Belgien gab, denn auch wenn ich hier nicht die einzige Prinzessin für meine Eltern bin, sondern meine Krone mit meiner Schwester und meinen kleinen Prinzen Bruder teilen muss, sind meine Eltern genauso liebevoll.

Die Schule

Die Schule… ja, ja was soll man zur Schule sagen, egal in welchem Land man ist und welches Jahr gerade ist, sie ist doch irgendwie immer gleich. Am Anfang hatte ich natürlich mehr Schwierigkeiten, da ich die Sprache noch nicht beherrschte und plötzlich jedes Fach auf Französisch war. Dank der Hilfe meiner neugewonnenen Freunde und auch Lehrer meisterte ich letztlich das Schuljahr jedoch irgendwie, auch wenn ich kein schulischer Überflieger war. Überhaupt war ich in Belgien viel motivierter als in Deutschland, dies mag auch daran liegen, dass der Umgang zwischen Lehrern und Schülern viel herzlicher und intensiver ist (zumindest auf dem Land). Es erleichtert einfach das Lernen, zumal man in Deutschland leider nicht auf die meisten Lehrer zugehen kann und mit ihnen offen reden kann und sie einem alles nochmal in Ruhe erklären.

Freundschaften schließen

Außerhalb der Schule wurden einem viele Aktivitäten angeboten, sodass man praktisch immer etwas zu tun hatte. Seien es die Pfadfindertreffen oder auch die klassischen sportlichen Aktivitäten. So schloss man natürlich auch schnell Freundschaften. Auch sonst unternahmen wir viel zusammen, und ich spreche hier nicht nur von Kinobesuchen oder mal um die Ecke zu „Quick ‘‘ gehen, sondern von sinnvolleren Sachen, die uns als Gruppe stärkten und wo wir Hand in Hand arbeiten mussten. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Freunde, die ich dort gewonnen habe, mir noch eine sehr lange Zeit erhalten bleiben werden.

Überhaupt fand ich die Belgier vielleicht etwas herzlicher als die Menschen in Deutschland, das mag eventuell daran liegen, dass ich in einer kleinen Ortschaft gelebt habe, im Vergleich zu Berlin, wo ich sonst lebe. Aber könnte doch denken in einer Großstadt sollten die Leute viel offener sein. In meinem Gastland ist mir der Umgang mit den Menschen viel, viel leichter gefallen als hier in Deutschland. Ich denke, dass liegt teils daran, dass die Menschen dort umgänglicher sind, aber vor allem auch an meinem neu gewonnenen Selbstbewusstsein.

Kulturelle Herausforderungen hatte ich zum Glück nicht, da ich herzlich empfangen wurde und mir alles ermöglicht und angenehm gestaltet wurde. Mit Deutschland fühle ich mich nicht weniger verbunden, denn ich hab das Privileg in einer Stadt wie Berlin zu leben, und das möchte ich um nichts auf der Welt eintauschen, auch wenn Zwischenstopps woanders sehr schön sind und eine Erfahrung fürs Leben.

„Ich möchte diese Erfahrung nicht missen.“

Auch wenn es ein wundervolles Jahr war, habe ich bemerkt, dass meine Familie in Deutschland nichts und niemand ersetzen kann und besonders unseren Familienzusammenhalt schätze ich jetzt viel mehr, auch wenn der Streit um die Klamotten und Wimperntusche mit meiner Schwester weitergeht. Ich kann jedem nur empfehlen so einen Austausch einmal zu machen, denn man lernt nicht nur neue Leute, ein neues Land und eine neue Kultur kennen, sondern auch ein neues ICH. Man reift und entdeckt Seiten an sich, die man nicht kannte und auch nie gedacht hätte, dass sie irgendwo in einem schlummern. Ich bin viel offener, rede mehr und gehe auf Leute zu, während ich vor meine Abreise eher ein Mauerblümchen war. Ich kann nun besser artikulieren und argumentieren, weiß einfach mit Menschen besser zu kommunizieren. Dazu kommt, dass ich tolle Freunde kennengelernt habe und eine völlig andere Sprache beherrsche. Auch wenn ich Deutschland liebe und Türkin bin, fühl ich mich jetzt auch etwas wie eine Belgierin. Es ist schön, das Beste aus verschiedenen Kulturen mitzunehmen. Ich möchte diese Erfahrung nicht missen und bedanke mich herzlich bei Ihnen, dass Sie mir dies ermöglicht haben.
Eure “Belgierin“ Eda

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