Oktober 2010: Willkommen in Bayern!
Fiona Oweke wohnt nun bei uns, sie ist Gastschülerin und wir sind ihre Gasteltern. Fiona ist 17 Jahre alt und Kenianerin, sie wohnt seit 7 Jahren in den USA. Sie ist uns auf Anhieb sympathisch. Das Zimmer ist vorbereitet und auch wir haben uns seelisch und moralisch auf das vorübergehende Ende unserer Zweisamkeit eingestellt. Wir erhoffen uns nun für die nächsten Monate einen abwechslungsreichen Alltag und viel Spaß in unserer „WG“….und ein bisschen aufgeregt sind wir schon…
November 2010: Kenia trifft auf USA und wird heimisch in Bayern!
Schon eingewöhnt? Nun ist Fiona schon 5 Wochen bei uns, doch immer noch sind wir in der Eingewöhnungsphase. Sprachlich läuft alles bestens, könnte nicht besser sein. Sie versteht fast alles und so fangen wir „Anfänger“ gleich „fortgeschritten“ an. Ein Ausflug steht an. Schauplatz Kloster Andechs. Eine Schweinshaxe muss sein, mit Sauerkraut und Kartoffelsalat…na gut, wie sie meint. Eine riesige Portion, nur die Kruste schmeckt nicht. Ohje, genau das ist doch das „Beste“ an der Haxe. Vom Nachbartisch wird bereits bierselig rüber geschmunzelt und so packen wir die halbe Haxe eben ein, gibt’s dann morgen als Pausenbrot… Die Kruste essen wir, die Gasteltern, echt „sauguad“! Pilau, ein Kenianischer Eintopf, Rindfleisch, Reis und viele tolle Gewürze, Fiona kocht einmal die Woche was ihr schmeckt und auf was sie Lust hat. Sie geht alleine einkaufen, zum Dorfmetzger und in den Kramerladen, sie macht es wie selbstverständlich und ist happy, wenn wir die passende Musik-CD zum Abendessen auflegen.
Dezember 2010: Ich bin Kuku, was bist Du?
„Ich bin ein bisschen KUKU“…aha…das bedeutet wohl durchgeknallt… Sie hat viel Energie, lacht und kichert, wir haben sehr viel Spaß beim Abendessen…morgen darf Fiona das erste Adventskalenderpäckchen öffnen, ob es wohl daran liegt? 7:45 Uhr, Samstag am frühen Morgen, die Sonne bahnt sich gerade einen rotglitzernden Weg in die verschneite Landschaft, da höre ich ein lautes rumpeln und wundere mich…“Ich möchte nun mein Bad putzen“…aha…fleißig, fleißig, was soll man da antworten? Mit Putzeimer, Schrubber und Staubwedel bewaffnet, Scheuermilch und klassisch im Pyjama, ist das ein Bild für Götter! Juhuu-die Vorweihnachtszeit hat begonnen! Advent, Advent, ein Lichtlein brennt…wir backen Weihnachtsplätzchen. Weihnachtslieder und schneebedeckte Dächer, bringen uns in Stimmung, 7 Sorten sollen es werden… Dafür gibt’s nach getaner Arbeit eine Würstelsemmel und Kinderpunsch am örtlichen Christkindelmarkt… Der Fotoapparat ist immer griffbereit….aber Fiona meint :“es ist sooo kalt,ich dachte im Süden (von Deutschland) ist es warm?“ Tja, da hat Fiona wohl schlecht recherchiert. Panik bricht aus, wir haben immer noch keinen Christbaum. Fiona fragt mich aufgeregt: „schaffen wir das schon noch?“ „Ja, natürlich, wir haben ja noch eine Woche Zeit.“ „In den USA stellen wir den Baum schon am 15.12. auf…“ „Da ist er aber doch bis zum 24. nimmer frisch“, entgegne ich. “ Egal“, war die Antwort, „er ist doch bei uns aus Plastik!“
Die Monate ziehen durchs Land und schon ist Halbzeit, wir planen viel und inzwischen führen wir oft sehr persönliche Gespräche, wir wachsen zusammen. Schon jetzt können wir uns nur schwer vorstellen, wie es sein wird wieder „loszulassen“. Einen Menschen zu verabschieden, den man nun schon fest ins Herz geschlossen hat.
Februar 2011 Bergfest!
Bald hat Fiona die Hälfte der Zeit hier in Deutschland geschafft, wir feiern Bergfest! „Ohje, muss ich da wieder auf eine Alm steigen?“ fragt sie besorgt. „Nein, das nennt man doch nur so, wenn man die Hälfte von etwas geschafft hat!“ So, jetzt ist es endlich soweit, wir haben für Fiona eine Party organiseirt.: „Überraschung, heute feierst Du eine Party!“ eröffnen wir unserer Gasttochter. „Oh mein Gott, aber meine Sexy-Jeans ist noch in der Spülmaschine!“ Das war Fionas erste Reaktion auf das bevorstehende Party-Ereignis.
Mai 2011: Ein Frühling in Deutschland:
Letzte Woche hatte Fiona eine neue Entdeckung gemacht: „Andrea, ich habe etwas heraus gefunden!!!“, rief sie aus der Küche. „Was denn?“, rief ich zurück. „Wenn ich weniger esse, habe ich einen kleineren Bauch!“ war die neueste Erkenntnis unserer Gasttochter.
Juni 2011: Dem Ende entgegen…
In 4 Wochen ist das Austauschjahr vorbei und die Zeit mit Fiona geht dem Ende entgegen. Ein lachendes und ein weinendes Auge werden ihr hinterher zwinkern. Wir freuen uns auf die Zeit wieder allein zu Zweit zu sein, unser Zuhause gehört wieder uns alleine. Aber die lustigen und abwechslungsreichen Stunden werden uns auch sehr fehlen! Bestimmt werden wir irgendwann wieder Gasteltern!
Der Abschied naht und wir kaufen noch ein paar Andenken an die Zeit hier in Bayern. Fiona ist nun ein Teil unserer Familie geworden. Nachbarn, Freunde, Bekannte, alle kennen und mögen nun „unsere“ Fiona. Um so schwerer fällt uns der Abschied. Ein Abschied für immer? Wir wissen es nicht, hoffen aber dass der Kontakt erhalten bleibt und wir uns immer aneinander erinnern werden. Liebe Fiona, wir behalten Dich in unseren Herzen und sagen leise „Servus“ und „Goodbye“!