Annalena, Spanien, 2012, Schuljahr im Ausland mit Carl Zeiss-Stipendium:

Jetzt ist es schon einige Wochen her, dass ich auf Wiedersehen sagen musste – zu meiner Familie, meinen Freunden, meinem Dorf, den freiwilligen Mitarbeitern von AFS, Barcelona und Spanien. Kurz gesagt, einem einfach unglaublichen Abenteuer. Dann kam das nächste Abenteuer. Das sich Wiedereingliedern, neu anpassen an die eigene Kultur und den Alltag. Denn diese Auslandserfahrung hat mich sehr verändert. Ich denke, sie hat mir geholfen, ein Stück mehr zu einer verantwortungsbewussten Weltbürgerin zu werden. Ich habe gelernt, Dinge und Situationen anders wahrzunehmen. Mit offenen Augen, einer unstillbaren Neugier ohne zu (vor)urteilen.

Denn am Anfang ergibt nicht immer alles einen Sinn. Beispielsweise fand ich es eher seltsam, dass die Lehrer von ihren Schülern mit Vornamen und mit „Du“ angesprochen wurden. Irgendwie fand ich das respektlos. Bis meine Gastmama eines Tages stocksauer nach Hause kam. Jemand hatte sie „gesiezt“ und sie fühlte sich als „alte Schachtel“ abgestempelt. Ihre Schwiegermutter sprach sie aber immer mit „Sie“ an.

Der spanische Lebensstil

Manche Vorurteile gegenüber den Spaniern kann ich sogar bestätigen, allerdings nur positive. Die berühmte Herzlichkeit und Warmherzigkeit aber ist eines der Dinge, die ich an diesen Menschen einfach liebe. Es gilt das Motto: lieber eine Umarmung, ein Küsschen zu viel als zu wenig. Zu allen passenden und unpassenden Gelegenheiten wird man von irgendjemandem umarmt oder mit den obligatorischen Wangenküsschen begrüßt. In der ersten Woche, die ich wieder in Deutschland war, empfand ich es als total unterkühlt, beinahe unhöflich den Leuten die Hand zu geben. Als würde ich diese Leute auf Distanz halten wollen. Ich bin auf jeden Fall spontaner geworden und habe meine Fähigkeiten im Improvisieren erstaunlich verbessert.

Schule

Apropos Schule, obwohl die Umgangsform zwischen Lehrern und Schülern eindeutig liberaler war als ich es aus Deutschland gewohnt war, kam mir der spanische Unterricht sehr viel konservativer und eintöniger vor. Mir fehlte einfach der (kritische) Dialog zwischen Lehrern und Schülern. Oft bestanden die Unterrichtsstunden aus einem 60-minütigen Monolog des Lehrers und dann gab es eine 20-seitige Hausarbeit bis nächste Woche auf. Zum ersten Mal habe ich das deutsche Schulsystem schätzen gelernt. Ich bin froh, dass mir beigebracht wurde, auch mal etwas zu hinterfragen.

Neuer Blick auf die Heimat

Ich möchte vor allem meinem Stipendiengeber der Carl Zeiss AG danken, dass sie sich die Mühe gemacht haben, mir dieses einfach großartige Stipendium zu verleihen und damit eine extrem wichtige und große Investition in meine Bildung und auch in meine Person gemacht haben. Dieser Bericht kratzt nur die Oberfläche von dem an, was ich erlebt habe. Ich habe ungezählte schöne Erlebnisse gehabt, Freunde für’s Leben und eine zweite Familie gefunden. All das hat mich verändert. Selbst die nicht so schönen Erlebnisse möchte ich im Nachhinein nicht vermissen, auch sie haben mich geprägt.

Vielen Dank dafür!

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