Aaron, Portugal, 2015, Schuljahr im Ausland mit AFS-Stipendium:

Mein Name ist Aaron und ich war im Jahr 2015/2016 in der Hauptstadt Portugals: Lissabon.

Seit dem 26.06. bin ich weder daheim im kalten Deutschland. In Lissabon habe ich im Stadtteil Restelo gewohnt und habe die “Escola secundaria de restelo”, eine weiterführende Schule und (von den Noten her) am besten abschneidende Schule in Lissabon, besucht.

Schule in Lissabon

Die Unterschiede zum deutschen Schulsystem bemerkt man sofort- zum einem da de Schule erst um 8:15-8:30 los geht und zum anderen, da das Schulsystem sich komplett vom deutschen unterscheidet. Außerdem müssen die Schüler schon in der 8. Klasse entscheiden, was sie später studieren wollen und somit ihre “Leistungskurse” schon in jungem Alter wählen. Entscheidet man sich beispielsweise für Kunst- wie ich- kann man später in der Uni nicht Mathe oder ähnliches studieren (schon alleine, weil man dann ab der 8. Klasse kein Mathe mehr hat).

Das Schüler-Lehrer Verhältnis ist auch ein anderes als in Deutschland … Während sich in Deutschland manche Lehrer noch auf der Nase herumtanzen lassen, haben Schüler in Portugal viel mehr Respekt vor ihren Lehrern und die meisten können sich auch sehr gut durchsetzen! (Ausnahmen bestätigen die Regel :D)

Meine portugiesische Gastfamilie

Unterschiede im Familienleben (speziell in meiner Familie) gab es natürlich auch, z.B war die Gastmutter nicht berufstätig – was darin resultierte dass sie den ganzen Tag zu Hause war, kochte und putzte, während der Gastvater jeden Tag arbeiten war. Obwohl mein Gastvater jeden Tag bis 20 Uhr arbeiten war, war er immer lieb und ruhig- der Ruhepol der Familie, der alles im Griff hatte, während die Gastmutter eher aufbrausend war.

Geschwister sind, schätze ich, in jedem Land gleich … oft am Streiten und sich gegenseitig ärgern. Dadurch, dass meine Gastgeschwister im selben Alter waren wie meine Geschwister in Deutschland, passte ich da sehr gut vom Sozialgefüge rein. Am besten habe ich mich jedoch mit meinem Gastbruder (Pedro, 13) verstanden, mit dem ich auch ein Zimmer geteilt habe. Am Anfang hatte ich sehr wenig Kontakt zu meiner gleichaltrigen Schwester, aber in den letzten Monaten haben wir uns sehr angefreundet.

Freundschaften

Freundschaft in Portugal hat dort auch eine andere Bedeutung … Beispielsweise hatte ich weniger Freunde dort, aber auf die konnte ich IMMER zählen. Obwohl das eigentlich auf alle zutrifft, die ich dort kannte, da die Portugiesen generell sehr hilfsbereit und offen sind!

Rollenverhalten von Männern und Frauen

Beim Rollenverhalten zwischen Mann und Frau (speziell in meiner Familie) ist mir aufgefallen, dass, meiner Meinung nach, ein sehr veraltetes Weltbild herrscht, sprich die Frau ist zu Hause, putzt und passt auf die Kinder auf, während der Mann Geld für die Familie verdient. Hiermit kann ich aber nur für meine Gastfamilie sprechen, da die Schwester meiner Gastmutter wiederum eine sehr emanzipierte Frau war. Sprich sie war nicht verheiratet, ist Anwältin und ist viel gereist. Das Gleiche galt im Hause meiner besten Freundin (Mavalda,18) . Dort arbeiteten beide Elternteile, so wie es in Deutschland in vielen Familien ist. Somit vermute ich, dass nur in meiner Familie ein solches Weltbild vertreten war.

Kommunikation auf Portugiesisch

Zum Thema Kommunikation kann ich die Portugiesen einfach mit einem Wort beschreiben: LEBHAFT. Wenn man als Laie einem freundschaftlichen Disput lauscht, könnte man denken, es handele sich um 2 Kontrahenten verschiedener, feindlich gesinnter, politischer Gruppierungen. Aber sobald man herausgefunden hat, das es nur darum geht wo man das beste Eis bekommt, versteht man die Situation. Ich würde mir zum Teil wünschen die Menschen in Deutschland wäre ähnlich lebhaft!

Ich vermisse Portugal in all seinen Facetten!

Ich vermisse Portugal in all seinen Facetten! Deswegen habe ich vielleicht auch einige Lebensweisen von dort übernommen. Beispielsweise sind mir Tischmanieren unglaublich wichtig geworden und sicherlich nerve ich damit ab und an mal Freunde und Familie. Außerdem die Höflichkeit gegenüber meiner Mutter und meinem Vater. Zum Beispiel bedanke ich mich seither immer bei meiner Mutter fürs Fahren und danke meinem Vater für diverse Sachen, die er mir z.B. leiht . Gleichzeitig bin ich aber viel unabhängiger von denselben geworden, was vermutlich daher kommt, dass ich in Portugal alles selbst organisiert habe, nie irgendwo hin gefahren wurde, oder sonstiges. Das soll keine Kritik sein – im Endeffekt bin ich dankbar dafür – denn jetzt bin ich die Inkarnation von Selbständigkeit.

Während ich mich vor meinem Auslandsjahr eher weniger für Politik interessiert habe, verfolge ich das Weltgeschehen jetzt mit großem Interesse.

Aufgefallen ist mir während meines Aufenthaltes in Portugal, dass Deutsche in der Regel (im Vergleich zu den Portugiesen) zurückhaltender sind. Portugiesen sind immer offen und hilfsbereit (außer man spricht sie nachts um halb 1 an und fragt mit schwerem Akzent, wo man denn bitte Geld abheben könne (ist mir passiert)).

Ehrlich gesagt fühle ich mich Deutschland nicht mehr ganz so verbunden, wie am Anfang meiner Reise, da ich zu dem Schluss gekommen bin, dass mein Land die Welt ist und meine Rasse der Mensch. Wenn der Mensch endlich die Liebe zur Macht vergisst und die Macht der Liebe kennenlernt, müssen wir vielleicht gar keine Jugendlichen in andere Länder schicken, um die Welt toleranter gegenüber Fremden zu machen, und das habe ich so an Portugal schätzen gelernt. Ich kann es nur nochmals betonen: Die Offenheit und das freundschaftliche Verhältnis untereinander, und den Respekt voreinander!!!

Ich will Portugal nicht “blumig” reden- natürlich gibt es immer eine Kehrseite der Medaille – aber obwohl Portugal zu den ärmsten EU Ländern gehört, ist es trotzdem im Herzen das reichste.

Eindrücke aus Lissabon

Hätte ich während meinem Jahr keinen Fotoapparat dabei gehabt, wäre auch das genau die Szenerie, die ich beschreiben würde: die verwinkelten Straßen des ”Bairro alto” mit den vielen Cafés und Restaurants, in denen die Menschen tagsüber und abends gemeinsam sitzen und sich zu Fado unterhalten, der immer durch die Straßen klingt. Die weiten offenen Straßen der Touristenzone “Baixa chiadoo”, in denen sich Touristen tummeln und essen – alles ist bunt und gut gelaunt, aber dazwischen die Obdachlosen, denen ich oft meinen Burger/Sandwich gegeben habe und deren dankbare Gesichter.

Den “Rio Tejo” und das Meer, in das er mündet und die Brücke des 25. April darüber, die der Golden Gate Bridge in San Francisco so sehr gleicht. Die ständige Anwesenheit der Tauben in der Stadt und der Möwen in Wassergegend – das sind alles Eindrücke, die man nur in Lissabon bekommt und die mein Jahr so besonders gemacht haben.

Danke!

Danke an AFS, die mir dieses Jahr durch ein Teilstipendium ermöglicht haben.

Danke an meine Eltern, die mich immer unterstützt haben, egal wie dunkel es gerade gewirkt haben mag. (denn ja, trotz der rosigen Beschreibung gab es natürlich auch Tiefen!)

Danke an meine echten Freunde, von denen ich jetzt weiß, auf welche wirklich Verlass ist.

Und danke an die, die mein Jahr so besonders gemacht haben: Meine Gastfamilie, meine portugiesischen Freunde, die anderen Austauschschüler, aber allen voran meine Crew, die mich mehr unterstützt haben als teilweise alle anderen!!!

DANKE !!!!

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