Sandy, USA, 2015, Schuljahr im Ausland mit Deutsche Bank-Stipendium:

Und da war es auch schon wieder vorbei. Zehn Monate in einem anderen Land mit einer anderen Sprache und so vielen Erlebnissen, Eindrücken und Erkenntnissen, dass ich wohl noch viele, viele Monate darüber nachdenken werde. Obwohl ich mich wahnsinnig darauf gefreut habe, schienen diese zehn Monate fast zu lang. Jetzt wünsche ich mir, ich könnte noch einmal ein Schuljahr in Memphis verbringen, und die zehn Monate waren viel zu kurz. Ich freue mich, wieder in Deutschland zu sein, vermisse aber auch meine neue Heimat. Ich habe sehr viele neue, nette Leute kennengelernt und einige davon werden für immer einen Platz in meinem Herzen haben. Viele dieser Freundschaften haben mir auch in schweren Zeiten während des Jahres viel gegeben und haben mich noch mehr gelehrt. Doch auch mehrere Lehrer haben eine nicht unwichtige Rolle in diesem Kapitel der Geschichte meines Lebens gespielt.

„Ein Schubs in die richtige Richtung“

Es fühlt sich an, als hätte mein Leben einen Schubs in die richtige Richtung bekommen. Ich habe sehr viel, nicht nur über mich, sondern auch über das Leben gelernt. In mir hat sich vieles bewegt und ich habe mich verändert. Ich bin erwachsener, ernster, selbstständiger und vor allem selbstbewusster geworden. Ich fühle mich wohler mit meinen Stärken und Schwächen und weiß besser damit umzugehen. Doch auch schulisch habe ich mich weiterentwickelt. Ich hatte gezielt Kurse belegt, die mich fordern und genau das ist passiert. Mathe, Literatur, Geschichte und Chemie auf Englisch waren manchmal wirklich ein Kampf, den ich aber gewonnen habe. Ich habe außerdem meinem Sprachschatz erheblich ausgebaut und auch einige Fachwörter hinzugefügt.

Die Unterschiede des amerikanischen und deutschen Schulsystems

Meine Schule war mit über 2200 Schülern die größte in Memphis. Das Raumsystem habe ich zum Glück sehr schnell verstanden und mich deshalb nicht in den Fluren und Treppenhäusern verirrt. Der frühe Start um 7 Uhr war allerdings sehr ungewohnt. Mit einem Schulweg von knapp einer Stunde bedeutete es für mich um halb 6 aufzustehen. Doch auch daran habe ich mich gewöhnt.

Oft wurde ich, in Amerika und auch immer wieder in Deutschland, gefragt, wie sich die beiden Schulsysteme unterscheiden und welches ich vorziehen würde. Auf beide Fragen kann ich nur sagen, dass ich es nicht vergleichen kann, da die Systeme für mich zu unterschiedlich sind. Beide haben Vorteile und Nachteile, doch ich weiß nicht, welches mir besser gefällt. Beim Umgang zwischen Schülern und Lehrern ist mir aufgefallen, dass Lehrern in sogenannten „Honors“-Klassen, also anspruchsvolleren Kursen, mehr Respekt entgegengebracht wird und Schüler den Lehrstoff ernster nehmen als in „Traditional“-Kursen. Ich selber hatte zwei „Honors“-Klassen belegt und für diese auch viel zu Hause gearbeitet. Von diesen Klassen möchte ich mir das selbstständige, auch zusätzliche Arbeiten und das Ernstnehmen auch leichter Übungen mitnehmen.

Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass (zumindest in meiner Generation) der überwiegende Teil der „Memphians“ sehr offen gegenüber Herkunft, Religion, Hautfarbe und sexueller Orientierung sind. Mein Freundeskreis war in dieser Hinsicht bunter gemischt als ich gedacht hätte. Im Lauf des Jahres habe ich mit so vielen verschiedenen Menschen geredet wie wohl nie zuvor. Oft habe ich mit Freunden am Mittagstisch über aktuelle Geschehnisse diskutiert. Oder mit einer Freundin im Matheunterricht die neuesten Theaternews und den letzten Theaterbesuch ausgewertet. Oft reicht eine kleine Gemeinsamkeit, um ins Gespräch zu kommen und daraus entwickelt sich sehr oft ein weiteres Gespräch und nicht selten eine Freundschaft.

Meine Gastfamilie in den USA

Auch in meiner Gastfamilie war für mich zuerst einiges sehr ungewohnt. So wohnte ich bei meiner Gastfamilie in Millington mit fünf Hunden, fünf Katzen und zwei Bartagamen in einem Haus. Auf Weiden um das Haus herum standen die drei Pferde meiner Familie und eine Gruppe von kanadischen Wildgänsen hatte sich zeitweise in unserem Garten niedergelassen. Mein Zimmer habe ich irgendwann zur tierfreien Zone erklärt, um meine Sachen vor Tierhaaren und meine Kabel vor den Katzen zu schützen.

Ganz besonders danken möchte ich meiner deutschen Familie für die Unterstützung durch den ganzen Prozess und das gesamte Jahr. Der Deutschen Bank AG für die Gewährung eines Stipendiums, denn ohne wäre es mir nicht möglich gewesen, dieses Jahr überhaupt anzutreten. Meiner amerikanischen („Gast-“)Familie, die mich wie ein Familienmitglied aufgenommen haben, ohne mich wirklich zu kennen und mir einen tiefen Einblick in den „American Way of Life“ ermöglicht haben. Meinen deutschen und amerikanischen Freunden gleichermaßen für die Unterstützung und den Zusammenhalt, für aufmunternde Zwischenmeldungen und viele Lektionen über das Leben. Meinen deutschen Englischlehrern und meiner deutschen Schule. Meinen amerikanischen Lehrern nicht nur für das Lehren, sondern auch für das Interesse an mir und für viele Gespräche nach dem Unterricht. Und zu guter Letzt meiner Organisation AFS e.V. für die gute Vorbereitung und Betreuung in Deutschland und Amerika Und den Freiwilligen für die ehrenamtliche Arbeit und die vielen Berichte und Tipps. Diese zehn Monate in Millington, Tennessee an der White Station High School Memphis haben mich geprägt und viele Aspekte meines Lebens zum Positiven verändert. Es hat meinen Blick auf die Welt verändert. Was vorher „über den großen Teich“ war und mein Leben nicht wirklich tangiert hat, ist jetzt ein wichtiger Teil nicht nur meines Lebenslaufes sondern auch meines Erfahrungsschatzes und begleitet mich jeden Tag.

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