Zoe, Indonesien, 2014, Schuljahr im Ausland mit Entdecker Stipendium von Children for a better World e.V.:

Ich kann es nicht fassen, wie schnell die Zeit vergangen ist. Die Hälfte des Auslandsaufenthalts ist schon vorbei, und es fühlt sich immer noch so an, als sei ich erst vor einigen Wochen hier angekommen. Ich habe in der kurzen Zeit so viele neue Eindrücke gesammelt und bin mir sicher, dass mir so einige mein ganzes Leben im Gedächtnis bleiben werden.

Besonders die ersten Tage bei meiner Gastfamilie waren für mich sehr ereignisreich. Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl, das ich hatte, als ich zum ersten Mal den Verkehr auf den indonesischen Straßen gesehen habe. Es war ein riesiges Durcheinander, überall, wo sich eine Lücke zwischen den dicht aneinander stehenden Autos aufmachte, zwängten sich die Motorräder hindurch. Händler mit Bauchläden, auf denen Zigaretten, Snacks und Getränke drapiert waren, gingen zwischen den wartenden Autos hin und her und boten den Fahrern ihre Waren an. Für mich war es sehr aufregend, all die Menschen zu sehen, die sich auf verschiedenste Art und Weise ihr Geld verdienten.

Der große Unterschied zwischen der armen und der reichen Bevölkerung wurde mir schon in den ersten Tagen bewusst. Was jedoch sehr interessant zu sehen war, war, dass die Menschen, egal ob reich oder arm, sehr neugierig und offen waren. Egal wo ich hinging, ich wurde immer angelächelt oder auch von Fremden gegrüßt. Zudem schienen die Indonesier es nicht zu scheuen, mich einfach anzusprechen und mich zu fragen, ob sie ein Foto mit mir machen könnten. Durch die offene Art fiel es mir nicht schwer, schnell Freunde in der neuen Schule zu finden. Ich wurde viel über Deutschland ausgefragt und besonders begeistert waren sie, als ich versuchte, einige Sätze auf Indonesisch zu sprechen.

„Noch immer warten fast täglich neue unbekannte Dinge auf mich.“

Noch immer fühle ich mich sehr wohl, und obwohl ich mich schon gut eingefunden und sehr viel über die neue Kultur gelernt habe, warten fast täglich neue unbekannte Dinge auf mich. Was für mich besonders interessant zu sehen war, war, dass Indonesier relativ wenig von ihrer Politik und den Gesetzen halten, dafür werden die Regeln, die durch den Islam vorgegeben werden, sehr hoch gehalten.

Zudem besteht eine etwas andere Beziehung zu den Eltern, als ich es aus Deutschland kannte. Die Eltern werden grundsätzlich nicht geduzt, und ich habe es bis jetzt auch nie erlebt, dass jemand den Eltern widersprochen hat. Selbst wenn die Jugendlichen schon volljährig sind, gilt das, was die Eltern ihnen vorschreiben. Selbst Treffen zwischen einem Jungen und einem Mädchen sind in den vielen Familien untersagt.

Dazu kommt, dass die meisten Eltern unheimlich besorgt um ihre Kinder sind, und so ist es hier auch vollkommen normal mit siebzehn Jahren ein eigenes Auto zu haben, nur um nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Was noch immer sehr ungewohnt für mich ist, ist, dass meine Gasteltern, wenn ich mit meinen Freunden unterwegs bin, mir oft Nachrichten schicken und mich fragen, wo ich gerade bin und wer alles dabei ist. Wenn es mehr Jungs als Mädchen sind, merke ich schnell, dass es meinen Gasteltern lieber wäre, wenn ich wieder nach Hause kommen würde. Was für meine Freundinnen normal ist, ist für mich, obwohl ich weiß, dass meine Gasteltern es nur gut meinen, oft unangenehm, da ich mich sehr überwacht fühle.

„Mittlerweile kann ich auch der Schuluniform etwas abgewinnen.“

Dinge wie das frühe Aufstehen um halb fünf fielen mir zu Anfang noch recht schwer, jedoch fand ich schnell den Rhythmus und schon nach einigen Tagen war es kein Problem mehr. Auch der Schuluniform kann ich nun etwas abgewinnen. Schließlich erspart sie mir in den frühen Morgenstunden die Zeit, die ich Deutschland für das Aussuchen der Kleidung gebraucht hätte. Selbst Dinge, die ich mir in Deutschland nie hätte vorstellen können, sind hier zur Routine geworden. So ist es hier üblich, sich wegen des tropischen Wetters dreimal am Tag zu duschen, oder trotz der Hitze eine lange Hose und schulterbedeckte Oberteile zu tragen. Auch die Bedeutung der Religion im Alltag ist mir nun mehr bewusst geworden. So ist es für mich mittlerweile ein normales Bild, wenn Schüler den Unterricht verlassen, um beten zu gehen.

„Bei einem Spaziergang durch die Reisfelder lernte ich die Warmherzigkeit der Landbevölkerung kennen.“

Mit der Zeit fällt es mir immer leichter, offen auf Unbekannte zuzugehen und mich nicht durch die Meinung Anderer oder durch Vorurteile beeinflussen zu lassen. Die schönsten Momente hatte ich, als ich ein Wochenende bei einer Freundin der Familie auf dem Land verbracht habe. Durch sie habe ich sehr viel über den Islam erfahren, was mir wiederum geholfen hat, viele Verhaltens- und Denkweisen der Indonesier besser nachvollziehen zu können. Auch wenn wir in einigen Punkten unterschiedlicher Meinung waren, war es für uns beide sehr aufschlussreich und tat einiges zum Verständnis der anderen Kultur bei.

Was mir außerdem bei den Besuchen gefallen hat, ist, dass ich neben dem Stadtleben, welches dem der westlichen Kultur sehr ähnelt auch das Leben auf dem Land kennengelernt und gesehen habe, wie die Menschen hier in den eher ärmlichen Verhältnissen leben. Bei einem Spaziergang durch die Reisfelder lernte ich die Warmherzigkeit der Landbevölkerung kennen. So lud mich eine Feldarbeiterin zum gemeinsamen Frühstück ein, obwohl sie mich gar nicht kannte und wir uns nur schwer verständigen konnten. Dennoch schien es für sie wie selbstverständlich, einen Fremden zum Essen einzuladen und das, was sie hatte, mit diesem zu teilen.

Was mir sofort aufgefallen ist, dass die Jugendlichen in Indonesien immer zusammen sind, fast nie sieht man jemanden alleine das Klassenzimmer verlassen oder alleine an einem Tisch sitzen, durch die vielen Kurse an den Schulen kennen sich fast alle Schüler untereinander und während der Pausen und nach der Schule verbringen sie sehr viel Zeit miteinander. Da es hier nicht üblich ist, seine Freunde mit nach Hause zu nehmen, treffen sich viele der Schüler in ihrer Freizeit in Cafés oder verbringen ihre Zeit gemeinsam in einer der zahlreichen Kaufhäuser. Selbst wenn sie Zuhause sind, stehen die meisten noch mit ihren Freunden in Kontakt, die Indonesier sind Weltmeister, was die Nutzung von sozialen Netzwerken angeht.

Mein Rat an zukünftige Austauschschüler

Wenn man als Austauschschüler nach Indonesien kommt, sollte man sich nicht davon abschrecken lassen, dass das Leben der Jugendlichen in Indonesien etwas anders ist als es in Deutschland der Fall ist. Es gibt zwar kein Nachtleben, wie wir es aus Deutschland gewohnt sind, dafür treffen sich die meisten viel öfter mit ihren Freunden. Dadurch, dass die meisten hier einen sehr großen Freundeskreis haben, lernt man hier sehr viele Leute kennen, die alle unheimlich nett sind. Was ich auch schön finde, ist, dass es trotz den vielen gesellschaftlichen Regeln fast keine Ausgrenzung gibt. Es wird versucht, jeden in die Gemeinschaft einzubinden, und es wird einem bei Problemen immer Hilfe angeboten. Wenn man neben der Schule noch etwas anders machen möchte, gibt es ein großes Angebot an Sport, Musik oder Kunstkursen. Das Beste, was man machen kann, ist einfach offen zu sein, und obwohl es am Anfang ungewohnt ist, wenn alle einen begrüßen und einen ausquetschen, offen und höflich zu bleiben.

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