Ina, Neuseeland, 2018, AFS-Kurzzeitaustausch:

Vor meiner Abreise wusste ich nicht besonders viel über Neuseeland, klar ich hatte Erfahrungsberichte von anderen Austauschschülern und in verschiedenen Reiseführern den allgemeinen Teil über das Land am anderen Ende der Welt gelesen. Doch wirklich gut kannte ich Neuseeland dadurch noch nicht. Ich hatte oft gelesen, dass Kiwis sehr offene und freundliche Menschen sind und Austauschschüler immer willkommen heißen und natürlich auch, wie beeindruckend die Natur ist (von der ich mir auch schon Bilder angeschaut hatte – wer macht das denn auch nicht). Eigentlich war Neuseeland für mich kaum anders als Deutschland, nur eben doch besonderer.

Ich denke jeder, der einen Austausch machen möchte, hat bestimmte Erwartungen an dieses Erlebnis, so auch ich. Ich wollte mein Englisch verbessern, neue Freunde finden und sehen ob Neuseeland Deutschland wirklich so ähnelt, wie ich dachte, oder ob es doch mehr Unterschiede gibt als erwartet. Ich muss zugeben, ein bisschen Angst hatte ich schon, dass ich Heimweh bekommen oder mit der Sprache doch nicht so gut klar kommen könnte, doch wie sich später herausstellte waren diese Sorgen überflüssig gewesen, die 8 Wochen waren viel zu kurz, um Heimweh zu bekommen, und meine Englischlehrer hatten wohl ganz gute Arbeit geleistet, doch dazu später mehr.

Die Vorbereitung

Auf meiner Vorbereitung mit anderen SchülerInnen, die mit dem Kurzzeitaustausch in ein englischsprachiges Land gehen, haben wir verschiedene Spiele gespielt aus denen wir Dinge für unseren Aufenthalt lernen konnten, zum Beispiel wie wichtig es ist, nachzufragen, wenn man etwas nicht versteht. Am hilfreichsten fand ich die Infomappe, die wir bekommen haben. Darin haben wir genauere Informationen zum Ablauf des Austausches bekommen. Während der Vorbereitung hatte ich außerdem die Gelegenheit, unsere Reisebegleitung und die anderen 10 Austauschschüler kennenzulernen, mit denen ich zusammen geflogen bin. So kannten wir uns schon, sobald es losging, und der ewige Flug wurde erträglicher. Wobei mein letzter Flug – von Auckland nach Christchurch – alleine war, da ich als einzige auf der Südinsel lebte. Doch dieser Flug verging ziemlich schnell, denn die Vorfreude, endlich meine Gastfamilie kennenzulernen, war riesig. Damit bin ich auch schon beim nächsten Punkt.

Leben in meiner neuseeländischen Gastfamilie

Am Flughafen habe ich meine Gastfamilie zum ersten Mal gesehen. Vor mir standen meine Austauschpartnerin (da es ein gegenseitiger Austausch war, kam sie im Dezember/Januar danach zu mir nach Deutschland), meine Gastmutter, mein Gastvater und mein Gastbruder, der allerdings nur die erste Woche bei uns wohnte, da er danach wieder in die Uni musste. Meine Austauschpartnerin ist ungefähr eineinhalb Jahre älter als ich, deswegen habe ich mich vor dem Abflug gefragt, wie gut wir uns da anfreunden können, doch im Laufe der zwei Monate ist sie für mich eine gute Freundin geworden.

Doch zurück zum Anfang meines Austausches. Es war schon ein bisschen komisch in einer für mich noch komplett unbekannten Familie zu wohnen, doch nach einer „Shopping – Tour“ an meinem ersten ganzen Tag und erst recht nach einer ganzen Woche war dieses Gefühl weg und es war normal, morgens aufzustehen, die Schuluniform anzuziehen und dann in die Schule zu gehen, zu meinem Schulalltag in Neuseeland erzähle ich später auch noch mehr. Nach meiner ersten Woche hatten wir zwei Wochen Ferien, in denen meine Gastfamilie verschiedene Tagesausflüge mit mir unternommen hat und wir sind für zwei Tage nach Dunedin gefahren. Mir haben alle Ausflüge viel Spaß gemacht, aber nachdem ich so oft von Freunden oder meiner (Gast-) Familie gefragt wurde, was mir am besten gefallen hat, habe ich gemerkt, dass ich eigentlich immer zuerst an den Ausflug nach Tekapo gedacht habe. In Tekapo ist der Lake Tekapo, der richtig blau ist und wir waren Schlittschuh laufen und in Hot Pools baden (manchmal finde ich es einfacher, das englische Wort zu sagen :D).

Der Abschied von meiner neuseeländischen Familie und natürlich auch von meinen neu gefundenen Freunden ist mir, wie schon erwartet, sehr schwergefallen. Doch für mich gab es ja zumindest einen kleinen Trost: nur noch drei Monate, bis meine Gastschwester nach Deutschland kommen würde. Und da meine Gasteltern auch eine Reise nach Europa geplant haben, bestand die Hoffnung, auch sie wiederzusehen (mittlerweile waren sie hier und es war wirklich toll, sie noch einmal zu sehen).

Mein Schulalltag

Die Schule in Neuseeland ist sehr anders als die deutsche Schule. Angefangen natürlich bei der Schuluniform. Für mich ist es ganz normal geworden, in meiner neuseeländischen Schule eine Schuluniform zu tragen, es ist unvorstellbar, in der Schule alle in ihren normalen Klamotten rumlaufen zu sehen. Ich fand es immer sehr witzig, wenn ich gefragt wurde, wie meine Schuluniform in Deutschland aussieht, denn die Reaktion auf meine Antwort, dass wir keine haben, war immer ungefähr die gleiche: „Was? Das ist ja voll cool. Habt ihr es gut, ich will auch keine Uniform haben!“ Meine Austauschpartnerin war überrascht, dass wir noch nicht einmal einen Dress-Code haben, denn neben der Schuluniform gibt noch viel mehr Regeln, die das Aussehen betreffen: Von dem Verbot, Schmuck (außer einem Ohrring pro Ohr), Make-Up oder Nagellack zu tragen bis hin zu der Farbe des Haargummis, es gab gefühlt für alles Regeln. Wobei man dazu sagen muss, dass sich nicht jede an alle Regeln gehalten hat… Das klingt jetzt wahrscheinlich so, als wäre die Schule in Neuseeland sehr streng, doch dieser Eindruck täuscht. Die meisten Lehrer waren sehr locker und entspannt und das Verhältnis zu ihnen besser als zu der Mehrheit meiner Lehrer in Deutschland.

Für die meisten wird es auch komisch sein, dass es viele Mädchen- bzw. Jungs-Schulen gibt. In der Stadt, in der ich gewohnt habe, gab es eine Girls‘ High School, eine Boys‘ High, eine gemischte High School und ein gemischtes College, was in Neuseeland aber eigentlich das gleiche wie eine High School ist. Für mich war das allerdings nichts Ungewohntes, da ich auch in Deutschland auf eine Mädchenschule gehe. Angefangen hat die Schule montags, dienstags und freitags um 8:40 Uhr mit einer Klassenlehrerstunde, die aber nur 15 min ging. Mittwochs hatten wir von 8:40 Uhr bis 9:20 Uhr Assembly, also eine Schulversammlung. Das war für mich besonders spannend, da wir in Deutschland nichts Vergleichbares haben. Normalerweise wurden Schülerinnen geehrt, die bei irgendwelchen Wettbewerben gut abgeschnitten hatten, es wurden ein paar Reden gehalten und manchmal haben wir am Anfang alle zusammen gesungen. Außerdem kamen auch Leute, die ihre Berufe vorgestellt haben, wodurch die Schülerinnen schon einmal einen Einblick in verschiedene Berufe bekommen. Donnerstags hatten wir erst später Schule, meine Gastschwester und ich waren aber immer zur gleichen Zeit in der Schule wie an den anderen Tagen, da uns meine Gastmutter immer mit dem Auto mitgenommen hat und sie zur gleichen Zeit zur Arbeit musste wie an den anderen Tagen.

Eine Schulstunde ging immer 50 min, aber da wir zwischen den Stunden keine 5 min Pausen hatten, wie ich es aus Deutschland kenne, lief es meistens dann doch auf 45 min hinaus, da es gefühlt für jedes Fach ein eigenes Gebäude gab und man nach jeder Stunde über das halbe Schulgelände laufen musste. Pausen hatten wir nach der zweiten und nach der vierten Stunde. Morning Tea ging 20 min und unsere Lunch Time war 1 Stunde lang. Zu Ende war die Schule dann um 15:15 Uhr. Mittwochs und donnerstags waren die letzten beiden Stunden nur 40 min lang und die Lunch Time ging „nur“ 55 min, dadurch war die Schule immer zur gleichen Zeit vorbei. Insgesamt hatte ich also nur 6 Schulstunden pro Tag und die Schule dauert nur wegen der langen Pausen so lange.

Was ich ja schon vorher gelesen hatte und was ich jetzt auf jeden Fall bestätigen kann, ist, dass Kiwis sehr freundliche, offene Menschen sind und so fiel es mir nicht schwer Freunde zu finden, auch oder vor allem, als ich nach den Ferien meinen eigenen Stundenplan hatte, und nicht mehr mit meiner Austauschpartnerin zusammen in ihren Kursen war.

Wie freundlich Neuseeländer sind, habe ich außerdem dadurch bemerkt, dass sich viele Schülerinnen nach dem Unterricht beim Verlassen des Raums bei ihren Lehrern bedankt haben. Am Anfang war das für mich ziemlich seltsam, da mich in Deutschland jeder komisch anschauen würde, wenn ich mich bei meinem Lehrer für den Unterricht bedanken würde. Dabei finde ich es eigentlich eine schöne Idee, da die Schülerinnen ihren Lehrern so zeigen, dass sie ihren Unterricht und die hinein gesteckte Arbeit wertschätzen.

Sprache

Da ich bevor ich nach Neuseeland gegangen bin, schon 4 Jahre Englisch in der Schule hatte, gab es zum Glück keine größeren Probleme mit der Sprache. Natürlich habe ich auch nicht jedes einzelne Wort verstanden, aber wenn es mir wichtig vorkam, dass ich dieses Wort jetzt verstehe, habe ich einfach nachgefragt, was das bedeutet. Manchmal haben die Erklärungen oder Synonyme auch nicht gereicht oder niemand wusste wirklich, wie man das Wort jetzt erklärt, dann haben wir eben das Internet zu Hilfe genommen und das Problem war gelöst. Am Anfang hatte ich ja geschrieben, dass ich mir von meinem Austausch auch erhofft habe, dass sich mein Englisch verbessert und ich kann wirklich sagen, das hat es. Ich kann deutlich einfacher drauf los reden, stocke zwischendurch seltener und fühle mich einfach sicherer. Besonders bemerkt habe ich das auch beim Filme schauen, am Anfang habe ich noch gefragt, ob wir vielleicht die englischen Untertitel anmachen können und am Ende musste ich mich gar nicht mehr konzentrieren, um alles zu verstehen.

Der Gegenbesuch meiner Austauschpartnerin

Auf den Besuch meiner Austauschpartnerin habe ich mich riesig gefreut. Denn nach den acht Wochen, die ich in Neuseeland verbracht hatte, standen uns nun weiter achteinhalb Wochen zusammen bevor. Und nun kannten wir uns ja schon und hatten somit auch gemeinsame Erinnerungen und dadurch auch mehr Gesprächsthemen, als am Anfang meines Austauschs.

Zusammen mit meiner Austauschpartnerin haben wir Tagesausflüge und auch eine etwas längere Reise in den Weihnachtsferien unternommen, um ihr ein bisschen von Deutschland zu zeigen, wobei auch ich neue Ecken kennengelernt habe. Das war natürlich nicht das einzige Schöne, denn jeder weiß, wie viel Spaß es macht, sich mit ein paar Freunden zu treffen und einfach das zu machen, worauf man Lust hat.

Der Abschied fiel natürlich schwer, ich hatte ja immerhin vier Monate mit ihr verbracht. Ich habe jetzt immer noch Kontakt zu ihr, wobei wir uns natürlich nicht jeden Tag schreiben. Manchmal mache oder sehe ich zum Beispiel etwas, wo ich sofort an sie denken muss, und dann schreibe ich ihr. Ich hoffe wirklich, dass ich sie, meine Gasteltern und meine neuseeländischen Freunde einmal wiedersehen kann und überlege schon, wann ich das am besten einbauen kann.

Alles in allem

Mein Austausch war auf jeden Fall eine super Erfahrung. Natürlich wäre ich gerne länger geblieben, aber alles hat Vor- und Nachteile. Ich habe nämlich in Deutschland kaum Schule verpasst, was echt praktisch war, da ich dann auch fast nichts nachholen musste. Und für alle, die mit ihren Freunden zusammen in einer Stufe bleiben wollen, nicht zu viel Schulstoff nachholen wollen oder nicht so lange von zu Hause wegwollen, ist der Kurzzeitaustausch auf jeden Fall eine perfekte Möglichkeit.

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