All die AFS-Geschichten, die wir erzählen können, wären nicht möglich ohne unsere großartigen Gastfamilien. Sie geben den Jugendlichen ein Zuhause, zeigen ihnen ein anderes Land, eine andere Kultur und nehmen sie mit in den Alltag. Gleichzeitig bietet es den Gastfamilien eine Weltreise in den eigenen vier Wänden.

Hier möchten wir euch zwei unserer AFS-Gastfamilien genauer vorstellen:

Maxi (Magrit) Elsner: Sie war 1971/72 für ein Jahr mit YFU in den USA und setzte im Jahr 2000 bei der AFS-Bewerbung ihrer Tochter das Kreuz bei “Wir würden selbst ein Kind aufnehmen”. Wenige Wochen später zog Jorge aus der Dominikanischen Republik für neun Monate bei ihrer Familie ein. Seit 2004 engagiert sich Maxi im Komitee HAM und ist aktuell Hostingkoordinatorin. Sie und ihre Familie haben oft Wechselschüler*innen aufgenommen und als Betreuerin viele Gastfamilien und auf Camps viele Gastschüler begleitet.

Christoph Asschenfeldt: Familie Asschenfeldt ist ebenfalls schon lange AFS-Vorbelastet. Mutter Frederike hatte mit ihrer Familie in den 1980er Jahren ein Kind aus den USA aufgenommen, als Familie waren die Asschenfeldts später gemeinsam für einige Jahre in den USA.  Nachdem die drei Kinder alle mit AFS ein Austauschjahr unternahmen, war für die Familie klar, dieses Erlebnis auch anderen jungen Menschen ermöglichen zu wollen. In diesem Sommer haben sie bereits ihre zweite Gastschülerin verabschiedet und erwarten nun freudig die Ankunft des dritten Gastkindes.

Ihr habt beide mit euren Familien bereits mehrere Gastschüler*innen aufgenommen. Was waren eure Beweggründe jungen Menschen eure Türen zu öffnen und wie habt ihr diese Erfahrung erlebt?

Maxi: Unser erster Gastschüler Jorge kam zwar etwas überraschend, aber es war eine super Erfahrung! Wir hatten echt Glück mit ihm. Er ist ein Teil der Familie geworden. Das ist sehr, sehr intensiv und emotional. Im Grunde haben wir noch ein Kind gewonnen.

Als unsere Kinder alle aus dem Haus waren habe ich seit 2004 ehrenamtlich im Komitee HAM im Hosting gearbeitet. Das ist ein tolles Team und ich habe viele Familien kennengelernt und habe natürlich auch immer mitbekommen, wenn Familien dringend gebraucht wurden. Das hat dazu geführt, dass wir sehr viele Wechselschüler aufgenommen haben oder als Willkommenfamilien eingesprungen sind.  So haben wir immer wieder, mal für nur ein bis zwei Wochen, auch mal für drei bis sechs Monate Gastkinder aufgenommen, immer wenn irgendwo Not war. Und jede Erfahrung war speziell und sehr bereichernd.

Jetzt bin ich HOKO in HAM und die Versuchung zu sagen “Warum nicht noch ein Gastkind?” ist groß. Aber wir sind jetzt in einem Alter, in dem wir für die Schüler*innen schon fast Saurier sind.

Gastfamilien bei AFS: Maxi mit Gastkind im urlaub

Und wie war das bei euch Christoph?

Christoph: Unsere 3 Kinder sind mit AFS ins Ausland gegangen. Damals passte es aus mehreren Gründen nicht, aber eigentlich stand für uns von Anfang an fest, dass wir irgendwann jemanden aufnehmen wollen. Einfach weil es fair ist! Wenn man dreimal empfängt, dann kann man auch dreimal geben, wenn man dazu in der Lage ist. Es ist ja schon ein unglaubliches Privileg, dass man in ein anderes Land gehen kann und bei jemandem zu Gast ist. Und das alles ehrenamtlich!

Unsere erste Gastfamilienerfahrug sollte 2020 starten und hat sich wegen Covid bis 2021 verzögert. Dann kam erstmal eine Schülerin aus Peru. Das war im Grunde nicht so eine tolle Erfahrung. Auf der anderen Seite haben wir aber gemerkt, dass dieses Netzwerk, das man bei AFS hat, wirklich belastbar ist. Wir haben eine Intervention gemacht. Wir haben das dann erhobenen Hauptes zu Ende gebracht.

Danach wollten wir erstrecht eine schöne Erfahrung machen. Und mit Sophie hatten wir wirklich eine tolle Zeit.  Auf die Dritte freuen wir uns gerade. Die kommt im September zu uns in die Familie. Na ja, wir müssen auf jeden Fall drei nehmen. Also ich bin ja dafür, dass wir drei plus x machen. Einfach aus Prinzip.

Habt ihr eine Idee, warum so viele Familien davor zurückschrecken, sich als Gastfamilien zu engagieren?

Maxi: Viele Familien haben offenbar solch hohe Ansprüche an sich selbst, dass sie sagen, sie können niemanden aufnehmen, weil „der Keller nicht aufgeräumt ist“. Keiner erwartet, dass ein Haus ein Jahr lang hochglanzpoliert ist. Die Gastkinder sollen ja das ganz normale Leben erleben.

Christoph: Aber es ist natürlich so, dass man jemanden Fremdes in seinem Haus aufnimmt. Und man kann dann nicht mehr so nackig rumlaufen, wie man das vielleicht gewöhnt ist und muss vielleicht auch mal Unterhosen früher wegräumen, als man das sonst machen würde. Und vielleicht hat man auch das Gefühl, dass man gar nicht so die perfekte Familie ist. Vielleicht gibt es häufiger Streit und so, also es gibt bestimmt viele Gründe, weshalb man sagt, das ist mir doch ein bisschen zu eng. Ich meine, das sind auch Dinge, die uns durch den Kopf gegangen sind.  Und ein Missverständnis ist sicher auch: Man verschickt selbst ein Kind, und das kostet 10.000€. Da haben viele das Gefühl: Wir haben ja dafür bezahlt. Vielleicht müsste man den Familien auch nochmal deutlicher erklären, wofür diese 10.000€ sind und dass davon bei den Gastfamilien nichts ankommt. Denn das ist ja schon wichtig, ohne Gastfamilien gibt es keine Gastkinder ohne Gastkinder kein AFS.

Was gefällt euch besonders daran, jungen Menschen ein Zuhause zu bieten?

Maxi: Wir haben festgestellt, dass wir die Zeit mit den Gastkindern sehr intensiv als Familie gelebt haben, weil wir ganz viel unternommen haben, was wir sonst immer aufgeschoben haben.

Christoph: Ja! Die Kinder aktivieren einen. Und das ist das, was man zurückbekommt, wenn die Begeisterung da ist und man etwas machen kann, um dieses Jahr noch anzureichern mit tollen Erfahrungen.

Maxi: Ich habe wirklich nicht erwartet, dass man in nur 9 Monaten eine sehr emotionale Beziehung aufbaut. Das ist die Summe der gemeinsamen Erlebnisse, im Guten und im Schlechten. Wir werden oft gefragt, warum „wir uns das antun“. Ich bin der Meinung, dass die Jugendlichen, die an einem Austausch teilnehmen, möglicherweise diejenigen sind, die später mal Multiplikator*innen werden. Wenn ein Mensch, der Politiker wird oder in die Wirtschaft geht, „über den Tellerrand geguckt“ hat, kann er vieles bewirken. Das ist ja auch das Leitmotiv von AFS: Die Welt besser machen und Spaß dabei haben. Das schafft man nur, wenn man Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenbringt. Und dann ist da noch die Neugier: Wie funktioniert es, einen anderen Menschen zuhause zu haben. Ich finde es spannend, wenn ich mich durch die Augen eines Jugendlichen aus einem anderen Land sehe und erfahre, was er an mir komisch oder schwierig findet. Vieles was man für selbstverständlich hält, wird hinterfragt. Und dann fängt man an, darüber nachzudenken und sich selbst besser kennenzulernen.

Christoph: Was bei mir noch ein Aspekt ist: Ich finde es toll, wenn sich jemand für Deutschland interessiert. Nicht, weil ich denke, dass wir Sachen besonders gut oder schlecht machen. Ich freue mich einfach über Sophie, die als Siebenjährige anfängt sich selbst Deutsch beizubringen, weil sie es cool findet. Und dann nehme ich den Ball gerne auf.

Gastfamilie bei AFS: Christoph und Familie mit Gastkind

Hättet ihr vielleicht noch einen Tipp für Familien, die gerade überlegen, Gastfamilie zu werden.

Christoph: Ich glaube, man darf die Ansprüche an sich selbst nicht zu hoch setzen. Man hat den Alltag als Familie und wenn das für die eigene Familie gut genug ist, ist das für das Gastkind auch gut genug. Am Ende ist das ja eine riesige Chance und ohne eine Gastfamilie gibt es die nicht. Ich finde das Wichtigste ist, dass die ganze Familie sich wirklich einig ist. Die Konflikte kommen sowieso. Und wenn es auch nur die Zeit morgens im Badezimmer ist. Und dann muss man sich erinnern, dass man diese Entscheidung ja auch mitgetragen hat.

Maxi: Man sollte auch nicht zu hohe Ansprüche an die Gastkinder stellen. Die sind schon mit dem Alltag ganz schön überfordert. Es sind ganz normale Jugendliche mit allen „Ecken und Kanten“, die morgens gerne länger schlafen und froh sind, wenn mal die Schule ausfällt. Der eigentliche Gewinn, auch für die Gastfamilie, kommt mit der Zeit, wenn man mehrere Monate miteinander verbracht hat und eine echte Verbindung aufbauen konnte.

Christoph: Wir haben gelernt, dass wir bei einem Gastkind anders reagieren müssen, wenn wir uns ärgern, als bei den eigenen Kindern. Da macht man ja auch gerne mal ungefiltert seinem Ärger Luft. Aber mit dem Gastkind hat man ja einfach nicht dieselbe Historie und Bindung. Das haben wir definitiv bei Sophie besser gemacht, dass wir eher mal eine Nacht drüber geschlafen haben und es dann in Ruhe besprochen haben.

Also ist mein Rat: Wenn einen etwas ärgert, auf jeden Fall ansprechen, aber erstmal eine Nacht drüber zu schlafen.

Vielen Dank, dass ihr eure Erfahrungen mit uns geteilt habt. Die Fragen für AFS stellte Mara Brede (07/2023).

×

Hello!

Click one of our contacts below to chat on WhatsApp

×