Elena, Kenia, 2018, weltwärts:

Elena hat ihren Freiwilligendienst in Kenia mit AFS und dem weltwärts-Programm gemacht. Sie hat ein Solarthermie-Projekt im Marketing und Büro unterstützt. Hier schreibt sie über ihre Eindrücke und Erlebnisse in Kenia.

Land und Leute

Mein Eindruck von Land und Leuten hat sich eigentlich nur recht wenig verändert im Laufe dieses Jahres. Wenn ich eines gelernt habe dann ist es, dass man auch nie pauschalisierende Aussagen treffen kann. In Kenia ist das Gefälle zwischen arm und reich recht groß, es gibt nur einen kleinen Bevölkerungsteil, der sich unter „Mittelschicht“ zusammenfassen lassen könnte. Ich bin sehr schnell von der Idee von „arm aber glücklich“ abgekommen. Das ist eine Phrase, die meiner Meinung nach westliche Länder gerne nutzen, um ihr Gewissen zu beruhigen. Denn Leute, die von weniger als einem Euro am Tag leben und manchmal tatsächlich ohne Abendessen ins Bett gehen, weil sie keine 10 Cent für Maismehl auftreiben konnten, sind nicht glücklicher als wir. Generell würde ich trotzdem sagen, dass die meisten Kenianer irgendwie zufriedener mit ihrem Leben sind. Das liegt aber, so wie ich es mitbekommen habe, an einem größeren Verständnis von Dankbarkeit für das, was man hat, und dafür, dass es auch noch schlimmer sein könnte.

Ich würde sagen, dass die meisten Menschen sehr gastfreundlich und interessiert sind. Ein großer Teil dieses Interesses war aber auch oft meiner weißen Hautfarbe zu verdanken. Die meisten verbinden dort – leider nicht ganz zu Unrecht – weiße Haut mit viel Geld. Das hat oft zu anstrengenden und nervigen Situationen geführt, und manchmal kam ich mir wie ein wandelndes Geldbündel vor. Darüber zu urteilen wäre allerdings abgehoben, da dieses Bild ja von uns Weißen überhaupt erst geschaffen wurde. Manche wollten also nur unser Geld, andere hingegen waren wirklich aufgeschlossen und hilfsbereit, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Am Anfang war es sehr irritierend, ständig der Mittelpunkt des Geschehens zu sein und oft alle Blicke auf sich gerichtet zu haben. Am Schluss war das zwar oft noch nervig, man gewöhnte sich aber trotzdem daran. Auch in das Feilschen um den besten Verkaufspreis musste ich erst reinkommen, und vor allem als mein Kiswahili langsam besser wurde, hat das meist großen Spaß gemacht. Ich hatte das Gefühl, mich recht schnell an mein neues Leben gewöhnt zu haben. Ich wusste, wie man die Leute grüßt, dass es von der Speisekarte meistens nicht einmal die Hälfte der Gerichte gibt und, dass der Busfahrer ehrliche Auskünfte gibt, wenn er 1,50 Euro für die Strecke von Wundanyi nach Voi verlangt.

Voi war oft der Zielpunkt unserer Freizeitaktivitäten und langen Nächte. Dort gab es einen Supermarkt mit großer Auswahl an Lebensmitteln, gute Restaurants und anständige Bars. Hier gingen wir ab und zu mit unseren einheimischen Arbeitskollegen abends weg, was Spaß machte, da sich so Freundschaften entwickeln konnten. Insgesamt hatte ich mit Gleichaltrigen nur über das Projekt und meine Gastfamilie Kontakt, was allerdings vollkommen ausreichend war. Mit zwei Personen ist über das Jahr hinweg eine tiefe Freundschaft entstanden, von der Freundschaft mit meiner Mitfreiwilligen mal ganz abgesehen. Ich war sehr froh, diese Menschen um mich zu haben, die mir dann auch viele für mich komische oder unverständliche Situationen näher bringen und erklären konnten. Außerdem war es oft praktisch, einen Kenianer an der Seite zu haben, der im Notfall das Verhandeln oder Diskutieren in die Hand nehmen konnte.

Denn insgesamt würde ich schon sagen, die kenianische Kultur, die ich kennengelernt habe, unterscheidet sich sehr von unserer. In Deutschland finden alle immer (Ja, sehr überzogen dargestellt) was zum Meckern. In Kenia ist es meistens das Gegenteil. Viele Dinge oder Komplikationen werden einfach abgewunken oder „weggelacht“. Außerdem stimmt es, dass viele Leute sehr großzügig teilen. Wenn einer unserer Kollegen beispielsweise mal ein gekochtes Ei hatte, was nicht oft der Fall war, teilte er es doch lieber mit allen Anwesenden, als es selbst zu essen. Manchmal konnte ich das auch auf mich anwenden, aber manche Abende habe ich mich auch dabei erwischt, wie ich die Kekspackung so leise aufmachen wollte, dass es ja keiner hört. Ansonsten respektieren die Kinder ihre Eltern deutlich mehr als hier, was allerdings auch an den Schlägen liegt, die fester Bestandteil der Erziehung dort sind. Religion spielt eine wesentlich größere Rolle, auch im Alltag, und ist ein fester Bestandteil des Lebens. Die meisten Kenianer lieben außerdem Besucher, gerne auch mal ohne Anmeldung, und würden einen nie ohne Essen oder zumindest Tee nach Hause gehen lassen. Ich habe viel Positives aus dieser Kultur mitgenommen, aber auch viel über Intoleranz gegenüber Homosexualität, Gleichstellung, gewaltlose Erziehung etc. diskutiert.

Meine Einsatzstelle

In meinem Projekt habe ich vor allem in Bereich Marketing/Buchhaltung/Organisation gearbeitet. Vorbereitet darauf wurde ich eigentlich überhaupt nicht, zumal es nicht mein ursprüngliches Projekt war, sondern ich nach etwa einem Monat dorthin gewechselt bin. Der Wechsel war kein Problem und lief in Absprache mit AFS Kenia ab.
Die Freiwilligen vor Ort erklärten mir mehr oder weniger meine Aufgabenbereiche, viel haben wir uns aber auch selbst erklärt oder hergeleitet. Wir waren auch sehr frei darin, wie wir unsere Fähigkeiten einsetzen wollten und konnten uns einige Projekte überlegen. Ich habe z.B. mit einer Freundin ein Permakultur-Projekt angefangen.
Meine Arbeitszeiten waren Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr und Samstag von 9 bis 13 Uhr, wobei das Arbeiten am Wochenende nicht verpflichtend war. Die Arbeitszeiten waren auch recht flexibel und wir konnten uns viel selbst einteilen.

Generell würde ich sagen, dass ich nicht wirklich ausgelastet war. Wir haben Solarthermie-Anlagen hergestellt und verkauft, was eben ein recht technisches Gebiet ist. In der Werkstatt half ich gerne, mehr als helfen ging aber nicht, da ich das nötige Wissen nicht hatte und Verbesserungen unserer Systeme konnte ich schon gar nicht vornehmen. So blieben nur noch die Marketing- und Verkaufsstrategien. Ich bin zwar gerne ins Projekt gegangen und habe dort auch immer irgendetwas zu tun gefunden, aber im Idealfall sollten die Freiwilligen dort schonmal etwas mit erneuerbaren Energien, Nachhaltigkeit oder handwerklicher Erfahrung gemacht haben. Zu meinem Projekt konnte ich problemlos laufen, etwa 15-20 Minuten pro Weg.

Meine kenianische Gastfamilie

Im Gegensatz zum Verabschieden ist mir das Einleben in meine Gastfamilie leicht gefallen. Schon am ersten Tag habe ich in mein Tagebuch geschrieben, dass ich mir sicher bin, dass diese Menschen ihr Herz am rechten Fleck haben und ich kann diese Aussage nur immer wieder unterschreiben. Natürlich war es neu und ungewohnt für mich, in diesem neuen Haushalt zurechtzukommen und es hat einige Wochen gedauert, bis ich mich nicht mehr unsicher fühlte. Aber meine Familie war immer sehr offen und ehrlich und ich habe schnell einen Weg gefunden, mit ihnen umzugehen.

Anfangs habe ich mich kaum getraut, etwas zu Essen aus der Küche zu nehmen oder sogar selbst etwas zu kochen, aber nach ein paar Monaten lief das alles ganz selbstverständlich und wenn ich mal wirklich keinen Maisbrei mehr sehen konnte, habe ich mir eben Spaghetti gemacht. Meine Mum hat das total verstanden und respektiert. Auch sonst klappte durch viel offene Kommunikation unser Zusammenleben sehr gut und ich habe mich immer wohl gefühlt. Über die Monate wusste ich meine Familie immer mehr zu schätzen. Ich habe großen Respekt vor ihnen, da ich die erste Freiwillige war, sie mit der westlichen Kultur noch gar nicht vertraut waren, aber sehr gut mit der Situation und dem neuen Menschen in ihrem Leben umgegangen sind.

Ich habe mich tatsächlich als ein gleichwertiger Teil der Familie gefühlt. Deshalb kann ich sagen, dass sich meine positiven ersten Eindrücke eigentlich nur bestätigt, wenn nicht sogar verstärkt haben. Meine Gastmum, die anfangs noch eher streng war, was verreisen, ausgehen oder bei einer Freundin übernachten anbelangt, lockerte auch diese Regeln mit der Zeit als sie merkte, dass sie mir vertrauen kann. Manche Dinge, die ich ihr wegen den Umständen verheimlichen musste, wusste sie trotzdem (da bin ich mir sicher), wir hatten aber ein stilles Abkommen, einfach nicht darüber zu reden. Das war erst fremd für mich, da ich mit meiner deutschen Mutter eine sehr vertrauensvolle und offene Beziehung führe und es respektlos wäre, ihr nicht die Wahrheit zu sagen. Bei meiner Gastmutter wäre es eher respektlos gewesen, sie in die Situation zu bringen, mit der „Wahrheit“ konfrontiert zu werden und damit eine Reaktion zu erzwingen. Solche Dinge fand ich aber durch sehr langsames Rantasten in den meisten Situationen heraus und bin auch sehr froh, nie etwas überstürzt zu haben. So hatten wir bis zum Schluss ein sehr respektvolles, freundliches und liebevolles Miteinander. Der Abschied von meiner Familie fiel mir unglaublich schwer, aber ich weiß, dass das definitiv nicht das letzte Mal für mich war, dass ich diese tollen Menschen gesehen habe!

Betreuung durch AFS

Im Gastland hatten wir einen Ansprechpartner von AFS bei uns im Dorf. Ich habe ihn einmal bei einem verabredeten Treffen am Anfang gesehen und dann später einfach per Zufall im Dorf. Wenn ich aber ein ernstes Problem gehabt hätte, hätte ich mich auch jederzeit an ihn wenden können, er war per Handy immer für uns erreichbar. Allerdings muss ich sagen, dass seine Motivation eher zu wünschen übrig ließ. Ein Beispiel dafür wäre, dass mein ursprüngliches Projekt schon von den vier Freiwilligen vor mir gewechselt wurde und er wirklich mehr als genug Zeit hatte, ein neues Projekt aufzutreiben. Stattdessen ließ er das Projekt, eine Bücherei, einfach weiterhin bestehen und kümmerte sich überhaupt nicht um etwas Neues. Das hatte dann zur Folge, dass auch ich zu Beginn komplett frustriert in meinem Projekt war, viel Energie in nichts gesteckt habe und im Endeffekt dann auch gewechselt bin. Er hat zwar mit einem schmunzelnden Schuldbewusstsein seine Faulheit erklärt, aber lustig war es deshalb trotzdem nicht. Im Endeffekt haben drei Freiwillige eine unangenehme Zeit gehabt, weil er es nicht geschafft hat, Alternativen zu suchen. Für mich ist alles gut gegangen und das Projekt ist jetzt zum Glück auch nicht mehr im Programm, aber trotzdem hat das Ganze meine ersten Wochen erheblich erschwert.

Ansonsten hatten wir drei Seminare während unseres Aufenthaltes und zwar am Anfang, in der Mitte und am Schluss, die auch alle reibungslos verliefen.
Im ersten Camp wurden wir nochmal auf die Kultur vorbereit, haben mögliche Fettnäpfen durchgesprochen, haben etwas Swahili gelernt und vor allem konnten wir einfach als Gruppe im Land ankommen, worüber ich sehr froh war. Beim Mid-Stay Camp hat jeder eine Präsentation vorbereitet und es wurden viele Erfahrungen, positiv wie negativ, ausgetauscht und reflektiert. Das End-Stay Seminar war leider nur einen Tag und es wurde auch viel über unsere Zukunft gesprochen. Alles in allem waren die Seminare nicht ganz so informativ wie die in Deutschland, ich fand sie aber in der jeweiligen Situation hilfreich und angebracht.

Für die Verlängerung der Visa hat auch AFS gesorgt und wir wurden immer von einem Freiwilligen ins Immigration Office begleitet, der uns individuell geholfen hat, damit alles funktioniert. Das hat es dann auch.

Zu AFS Deutschland hatte ich in der Zeit eigentlich gar keinen Kontakt und es war auch nicht nötig, da ich keinerlei Konflikte hatte, die ich nicht alleine hätte lösen können. Ich persönlich kann also sagen, mit AFS sowohl im Gastland als auch in Deutschland nur positive Erfahrungen gemacht zu haben.

Sprache und Kommunikation

Schon bevor ich meine Reise nach Kenia begann, hatte ich bei mir in der Stadt eine Kenianerin kennengelernt, die sich bereit erklärte, mir Kiswahili-Basics beizubringen. Ich habe auch mein Bestes gegeben, aber wie es eben so ist, fiel es mir schwer, die Sprache übers Papier zu erlernen. Wenn meine Lehrerin dann wiederum anfing, Swahili zu reden, war es fließend und überfordernd. Ich kam also ins Gastland mit „Hallo“, „Wie geht`s“ und „Dankeschön“ – zumindest kam es mir nicht viel mehr vor. Auf dem On-Arrival Camp hatten wir dann auch noch einige Swahili-Stunden, die aber sehr unstrukturiert vonstatten gingen. Ich kannte jetzt ein paar Vokabeln, traute mich allerdings nicht wirklich, diese anzuwenden.

Die Kommunikation in Projekt und Gastfamilie lief also komplett auf Englisch ab. Das war zum Glück kein Problem, da alle Familienmitglieder fließend Englisch sprachen und auch auf der Arbeit die Verständigung kein Problem war. Ich war dadurch total beruhigt und konnte mich dann unter weniger Druck dem Lernen der Landessprache zuwenden. Das geschah hauptsächlich in meiner Familie. Meine Gastmum fand es wichtig, dass ich sowohl die Landessprache Kiswahili als auch die Stammessprache Kitaita lernte. Oft gab es Situationen, in denen sie mich auf Swahili oder Taita aufforderte, etwas zu tun bzw. eine Frage stellte. Zu Beginn war das sehr verwirrend, vor allem, weil ich am Anfang die beiden Sprachen natürlich nicht einmal auseinander halten konnte. Also sagte sie etwas auf Swahili, wiederholte es in Englisch und ließ es mich in beiden Sprachen wiederholen. Auf diese Art und Weise lernte ich recht schnell alles ums Essen, Familie, Haushalt und zeitliche Absprachen.

Bald darauf konnte ich Verkaufsgespräche auf reinem Swahili durchführen, was das Verhandeln oftmals um einiges leichter gestaltete. Wie oben schon angedeutet, sahen die Kenianer in weißer Haut viel Geld und oftmals wurden – vor allem in touristischeren Gegenden – die Preise je nach Hautfarbe sehr großzügig angepasst. So zahlte meine richtige Mutter beispielsweise einmal 10 Euro für eine Strecke, für die ich später, als ich dabei war, 2,50 Euro raushandeln konnte. Es macht ja auch einen gewissen Sinn. Wenn Menschen dort merken, dass du dich wirklich für ihr Land interessierst und deine Sprachkenntnisse über „Jambo“ und „Hakuna matata“ (beides wird übrigens nur verwendet im Bezug auf Weiße – kein Kenianer begrüßt den anderen mit Jambo!!) hinausgehen, sind sie gleich viel offener und begeistert.

Ich habe natürlich auch versucht, meiner Familie ein wenig Deutsch nahezubringen, das scheiterte zwar meistens kläglich, führte aber zu sehr amüsanten Situationen.
Gegen Ende hin würde ich meine Situation so einschätzen, dass ich viel Swahili verstehen konnte, vor allem, wenn es einfache Gespräche waren, und auch einfache Antworten geben konnte. Über komplexere Satzstrukturen musste ich trotzdem jedes Mal angestrengt nachdenken und sie im Kopf zusammenbasteln. Oftmals habe ich mich geärgert, wie sehr ich unterschätzt wurde. Wenn ich beispielsweise meine Mum fragte, wo meine Schwester sei (auf Englisch), und sie auf Swahili antwortete „Sie kommt gleich“, verstand ich das natürlich nach 9 Monaten. Mein Gastbruder allerdings war völlig aus dem Häuschen über meine Kenntnisse, und ich dachte mir nur, wenn ich das nach 9 Monaten nicht verstehen würde, wäre wirklich etwas schief gelaufen. Ich weiß aber, dass es wirklich ehrliche Freude über das Interesse an der kenianischen Kultur war und habe immer versucht, mir das in Erinnerung zu rufen.

Globales Lernen und Entwicklungspolitik

Globales Lernen bedeutet für mich zuerst einmal, globale Zusammenhänge zu verstehen und Ungleichheiten zu erleben. Man kann nicht über globale Ungerechtigkeit referieren, ohne jemals in einem Land gewesen zu sein, welches im globalen Süden liegt. Und umgekehrt – wenn man schonmal ein solches Land besucht hat ist es unmöglich, diese Ungerechtigkeit zu verleugnen. Natürlich ist es dann leichter, die Schuld von sich wegzuschieben: „Die sind halt auch einfach zu faul und zu übervölkert“. Es gibt nicht die perfekte Lösung für dieses Problem, obwohl es zweifelsohne ein riesengroßes ist. Auch mir fällt es sehr schwer, alle Faktoren und Einflüsse, Ursachen und Folgen zu erschließen.

Außerdem fällt natürlich die Frage auf, wie wir diese Länder bestmöglich unterstützen – nicht „helfen“ – können. Meiner Meinung nach ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“ ein wichtiger Aspekt. Damit meine ich, dass Leute in den jeweiligen Ländern, vor allem auch Frauen, in einem bestimmten Bereich geschult werden und so z.B. Durch Microfinance-Institute eine Schneiderei, Bäckerei oder einen Farmbetrieb aufmachen können. Hilfe in Form von riesigen Geldbeträgen, die in westliche Ideen investiert und den Afrikanern aufgedrängt werden, hilft doch auch niemandem. Das beste Beispiel sind die vielen tausend Second-Hand Klamotten, die in Kenia (und vielen anderen Ländern) für wenig Geld auf den Klamottenmärkten weiterverkauft werden. Dieses Prinzip hat aber den kenianischen Markt für im Land hergestellte Kleider völlig zerrüttet. Man muss als Europäer einfach darauf achten, in seinem ganzen Helfer-Komplex vor allem die Bedürfnisse der anderen und zu achten und mal zu hinterfragen, ob, und wenn ja inwiefern, die eigene Hilfe überhaupt gebraucht wird.

Ich fände es am sinnvollsten, in viel Bildung zu investieren. Sowohl Ausbildungen als auch Studiengebühren müssen gezahlt werden – und für ärmere Familien ist dies oftmals unvorstellbar. Wenn es mehr jungen Menschen mit klugen Köpfen möglich wäre, ein gutes Studium abzuschließen, bin ich mir sicher, dass sich die Wirtschaft von ganz allein langsam immer weiter aufbauen würde.

Ich werde jetzt nach meiner Rückkehr versuchen, so viele Deutsche wie möglich von der Idee des „weißen Wissensbringers“ abzubringen. So viele Leute sagen mir andauernd, wie toll sie es finden, dass ich mich sowas getraut habe und dass jede Hilfe da unten ja nötig sei und mein Engagement wirklich bewundernswert. Jedes Mal aufs Neue werde ich antworten, dass ich diejenige bin, die von diesem Jahr profitiert hat und keiner dort die Hilfe eines 18-jährigen, unausgebildeten weißen Mädchens gebraucht hätte. Mein Horizont wurde erweitert, meine Ansichten und mein Weltbild differenzierter und ich sehe es durchaus als meine Aufgabe an, das den Leuten verständlich zu machen. Auch wenn die Reaktion sehr schnell ins Genervte umschlägt. Aber ist ja auch klar, um mehr vom Ganzen zu sehen, muss man sich eben aus seiner Comfort Zone rausbewegen und akzeptieren, dass vieles davon in der Verantwortung unserer lieben Vorfahren liegt, denn aus dem Kolonialismus sind so viele Abhängigkeiten entstanden, dass man es heute kaum mehr alles nachvollziehen kann.

Wie genau ich mich auch in Zukunft für globale Entwicklung einsetzen will, weiß ich noch nicht genau. Erstmal muss ich mein Wissen diesbezüglich erweitern, denn momentan befindet sich das noch im Bereich „gefährliches Halbwissen“. Eines steht aber fest – dass ich bald selbst als Teamende für AFS einigen Menschen etwas mit auf den Weg geben möchte. Denn für mich persönlich waren die AFS-Seminare und Einheiten über Eurozentrismus, Kritik an Freiwilligendiensten usw. ausschlaggebende Erfahrungen und haben mich auch schon mit einer ganz anderen Einstellung ins Gastland gehen lassen, als ich ohne sie dorthin gegangen wäre. Ich würde mich also sehr freuen, diese Denkanstöße bald selbst weitergeben zu können und vielleicht auch darüber hinaus eine Möglichkeit zu finden, mich weiterhin zu engagieren, denn das Thema ist definitiv noch nicht für mich vorbei.

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