Marie, Kanada, CSP, 2019

Marie verbrachte 5 Monate in Kanada. während dieser Zeit unterstütze sie die Organisation „Athletics for Kids“. Lass dich von ihren Erlebnissen inspirieren.

AFS Freiwilligendienst in Kanada zum Wandern in den Bergen
Land und Leute

Mit Kanada assoziieren die meisten Menschen zuerst atemberaubende Landschaften mit unendlichen Weiten, schneebedeckten Bergen und tiefblauen Seen. Außerdem kommt vielen Eishockey, kalte Winter und natürlich der landestypische Ahornsirup in den Sinn. Auch ich entschied mich mit diesem, eher oberflächlichen, landeskundlichen Wissen nach meinem Abitur 2019 für das Abenteuer Kanada.

Nachdem AFS mir mitgeteilt hatte, dass ich meinen Freiwilligendienst in Vancouver, der Hauptstadt British Columbias, antreten würde, konnte ich es kaum erwarten, am 1. September 2019 endlich in das Flugzeug zu steigen, das mich 10h lang um die halbe Welt in die Metropole im Westen Kanadas bringen sollte. Am Flughafen in Vancouver angekommen, verzögerte sich meine Einreise, da der Beamte dort meinte, er habe Papiere wie von AFS noch nie gesehen. Nach drei Stunden Wartezeit hatte sich dann doch alles geklärt und ich konnte ohne weitere Probleme den Flughafen verlassen.

Zum Glück hatten meine Gastgeschwister, mit denen ich per WhatsApp kommuniziert hatte, um meine Situation zu erklären, auf mich gewartet und wir fuhren zum ersten Mal zu dem Haus in North Vancouver, das für die nächsten fünf Monate mein Zuhause sein sollte. Neugierig sah ich aus dem Fenster das erste Mal Downtown Vancouver und war sofort begeistert, wenn auch müde wegen der 9 Stunden Zeitverschiebung.

Meine Gastfamilie

Meine Gastfamilie betreibt ein Homestay, das bedeutet, dass sie das ganze Jahr über bis zu drei Gäste gleichzeitig aus aller Welt aufnehmen und dadurch einen Nebenerwerb haben. Die meisten Gastschüler bleiben allerdings nicht so lange wie ich, sondern nur ein paar Wochen. Auf diese Art machte ich viele interessante Bekanntschaften mit Schülern aus Japan, Brasilien, Mexiko und Taiwan. Meine Gastfamilie kommt ursprünglich aus dem Iran, so hatte ich die Möglichkeit mehr über verschiedene Kulturen zu lernen, was für mich sehr bereichernde Erfahrungen waren.

Da meine Gastfamilie an Gäste aus dem Ausland gewöhnt ist, war das Einleben in den Familienalltag sehr einfach, angenehm und ich fühlte mich nach kurzer Zeit wie in einem zweiten Zuhause. Ich hatte eine Gastmutter, zwei Gastschwestern und einen Gastbruder und verstand mich mit allen auf Anhieb. Die beiden Schwestern studieren an der UBC (University of British Columbia) und waren deshalb tagsüber meist unterwegs, abends aßen wir aber meistens alle gemeinsam zu Abend, tauschten Neuigkeiten aus, veranstalteten Filmabende und lachten viel. An besonderen Tagen, wie nach wichtigen Prüfungen der Töchter gingen wir gemeinsam essen in sämtlichen Lieblingsrestaurants der Familie. Es fühlte sich sehr komisch an, mich am Ende wieder von diesen Menschen, mit denen ich zusammengewohnt und so viel geteilt hatte, zu verabschieden, aber wir beschlossen Kontakt zu halten.

AFS Freiwilligendienst in Kanada mit viel Schnee im Winter
Arbeitsplatz

Am 3. September machte ich mich zum ersten Mal auf den Weg zum Büro der Charity „Athletics for Kids“, bei der ich für die nächsten Monate als Freiwillige arbeiten würde. Das Büro liegt auch in North Vancouver, sodass ich mit dem Bus nur 15min dorthin fahren musste. Später lief ich öfter zu Fuß durch einen Park zur Arbeit, das dauerte ungefähr eine Stunde. Die Charity A4K unterstützt Familien mit geringem Einkommen, indem sie die Gebühren für „Club sports“ übernehmen, da sportliche Aktivität besonders für Kinder eine wichtige Rolle in ihrer Entwicklung spielt. A4K unterscheidet sich von anderen Charities in diesem Bereich, da sich die Familien jedes Jahr neu bewerben und so jahrelang finanzielle Unterstützung erhalten können und nicht nur für eine Sportsaison. Bisher musste A4K noch kein Kind ablehnen, das die entsprechenden Kriterien erfüllt! Meine Aufgaben dort waren sehr vielfältig, die meisten Arbeitstage verbrachte ich im Büro mit dem Beantworten von Emails, der Organisation von unterschiedlichen Events, der Erneuerung veralteter Ordnungssysteme im Büro und allerlei Kleinigkeiten, die über den Tag anfallen. Ich durfte an wichtigen Meetings für das größte Event des Jahres teilnehmen und bei Events, wie dem „Singleton Reynolds Golfturnier“, „Fishing Derby“ und „Bourbon, Bubbles and Beef“ aktiv mitorganisieren und dabei sein.

Zuvor hatte ich noch nie solche Charity Events erlebt, deshalb war es für mich sehr spannend, deren Organisation zu sehen und auch mitzugestalten. Besonders, weil Charities in Kanada einen viel höheren Stellenwert haben als in Deutschland. Am Anfang musste ich mich erst einmal an die Anforderungen am Arbeitsplatz gewöhnen, auch weil ich viel mehr Möglichkeiten hatte, mich einzubringen als in der Schule und viel Selbstständigkeit von Beginn an erwartet wurde. Überfordert habe ich mich jedoch nie gefühlt und das Klima bei der Arbeit war immer sehr freundschaftlich, locker und bei Problemen wurde mir geholfen. Pro Woche habe ich ca. 25 bis 32 Stunden gearbeitet, wobei ich über meine genauen Arbeitszeiten meist selbst entscheiden durfte und sogar einen Wochentag meiner Wahl frei hatte und so nur vier Tage die Woche arbeitete.
Somit hatte ich viel Zeit, mit Freunden oder alleine meine neue Umgebung zu entdecken.

Die meisten meiner Freunde in Kanada habe ich über das Internet, eine Jugendgruppe in North Vancouver oder über andere Freunde kennengelernt. Da wir alle in ähnlichen Phasen unseres Lebens waren, fanden wir trotz unterschiedlicher Herkunft viele Gemeinsamkeiten und es war sehr interessant, mehr über die verschiedenen Heimatländer der anderen zu erfahren.

Sprache und Kommunikation

Da ich im englischsprachigen Teil von Kanada war, habe ich mich dort auf Englisch verständigt. Die Kommunikation stellte nie ein Problem dar, da ich mich nach 12 Jahren Englischunterricht gut vorbereitet fühlte. Natürlich sind mir anfangs nicht immer alle Begriffe sofort eingefallen, das hat sich aber mit der Zeit sehr verbessert und am Ende musste ich nicht mehr darüber nachdenken und habe sogar auf Englisch gedacht/geträumt, das war verrückt, aber auch cool. Falls es mal keine sinnvolle Umschreibung eines Wortes gab, haben wir ein Übersetzungsprogramm zu Rate gezogen und so war auch das kein großes Problem. Durch solche Situationen konnte ich meinen Wortschatz während meines Aufenthalts erweitern und lernte auch so einige Redewendungen und ihre Verwendung kennen.

In den ersten Tagen meines Aufenthalts war ich unsicher, was ich auf das ständige „How are you“ antworten sollte. Zu fragen, wie es einem geht, gehört in Kanada zu einem freundlichen, respektvollen Umgang. Nach ein paar Wochen fühlte es sich schon völlig normal an und auch ich begann die Floskel automatisch als Begrüßung zu sagen. Ein weiterer Unterschied zu Deutschland ist, dass nahezu alle Läden auch sonntags offen haben und dass die Supermärkte und auch alles in den Supermärkten deutlich größer ist als in Deutschland.

Über Kanadier wird häufig gesagt, sie seien immer sehr freundlich und zuvorkommend. Natürlich ist jedes Individuum anders und es wäre eine zu große Verallgemeinerung zu sagen, dass dieses Stereotyp zutrifft, aber ich würde behaupten, dass außergewöhnlich viele Menschen stets nett und sehr hilfsbereit sind, besonders im öffentlichen Raum.

Bevor ich nach Kanada gegangen bin, habe ich natürlich in der Schule etwas über Kolonialismus gelernt und auch auf den AFS Seminaren haben wir uns damit zur Vorbereitung beschäftigt. Trotzdem ist es ein ganz anderes Erlebnis, wirklich in einem Land zu leben, das noch heute eine Kolonie ist und in dem zum Großteil Kolonialisten leben. Selbstverständlich ist der heutige Kolonialismus nicht zu vergleichen mit den, in der Vergangenheit begangenen Gräueltaten und trotzdem wurde mir erst dort richtig bewusst, wie stark die Auswirkungen des Kolonialismus auch heute noch zu spüren sind. In Museen beispielsweise wird versucht sehr vorsichtig Kolonialisten und Touristen die Kultur der „First Nations“ näher zu bringen und auf diese Weise beide auf eine respektvolle Art einander anzunähern. Dieses Unterfangen ist keineswegs einfach, zum einen natürlich wegen der Vergangenheit und dem eindeutigen Machtgefälle, das auch heute noch besteht, und zum anderen auch wegen der grundverschiedenen Lebensarten beider Gruppen.

Betreuung

Während meines Aufenthalts hatte ich nicht viel Kontakt zu AFS Deutschland, das hatte allerdings die Gründe, dass es glücklicherweise weder Konflikte mit meiner Gastfamilie, noch mit meinen Kollegen oder gesundheitliche Probleme gab. Ich habe AFS Deutschland am Anfang meines Aufenthaltes gebeten meinen Flug zu verschieben, da ich noch einen Monat in Kanada bleiben wollte, um zu reisen. Das hat reibungslos funktioniert. Ich bekam immer schnelle Antworten und klare Anweisungen, was zu tun ist. In Kanada gab es keinen Sprachkurs, da gute Englischkenntnisse vorausgesetzt werden. Generell hatte ich keinerlei Probleme mit AFS und finde die Organisation des ganzen Aufenthalts samt Vorbereitung sehr gut und ehrlich empfehlenswert.

AFs Freiwilligendienst in Kanada bedeutet auch viele neue Freunde zu finden
Globales Lernen

Während meiner Zeit in Kanada habe ich unglaublich viel gelernt. Natürlich hat sich mein Englisch sehr verbessert, aber auch was die Kultur Kanadas und das Zusammenleben in unserer Gesellschaft angeht, wurde mein Horizont durch den Aufenthalt erweitert. Für mich bedeutet globales Lernen, hinaus in die Welt zu gehen und selbst zu erleben, wie Menschen in anderen Teilen dieser Welt leben. Das globale Lernen findet nicht wie in der Schule statt, sondern mitten im Leben durch Gespräche, Beobachtungen, aber auch durch Missverständnisse, die später zu einem bessern Verständnis und somit zu Wissenszuwachs führen. Ich denke, es ist ein riesiges Privileg, seine Zeit nach der Schule im Ausland mit einem Freiwilligendienst verbringen zu dürfen, deshalb möchte ich in Zukunft AFS gerne unterstützen, da ich sehr dankbar für meine Erlebnisse bin, die nur durch AFS sauf diese Weise möglich gemacht wurden.

×

Hello!

Click one of our contacts below to chat on WhatsApp

×