Stell dir vor, du verbringst dein Austauschjahr an einem Ort, der dich wirklich herausfordert – in einem Land, in dem du eine neue Sprache lernst, die nur wenige sprechen, und in einer Kultur, die sich ganz vielfältig von deiner eigenen unterscheidet. Ein solches Jahr abseits der üblichen Austauschziele ist intensiv und bereichernd. Es erfordert Mut, aber die Erlebnisse und Fähigkeiten, die du dabei gewinnst, begleiten dich oft ein Leben lang. Solch ein Austauschjahr prägt dich nicht nur persönlich – auch beruflich kannst du später von deiner einzigartigen Perspektive und Sprachkompetenz profitieren. So wird dein Auslandsjahr in vielerlei Hinsicht zu einem echten Gewinn.
Den Mut, ein ganz anderes, ihnen bis dahin gänzlich unbekanntes Land für ihr Austauschjahr zu wählen, hatten bereits in den 80er und 90er Jahren drei unserer Kurator*innen. Ob es mehr oder weniger freiwillig war– sie betonen, dass ihr Austauschjahr sie, gerade weil es nicht in die „klassische Austauschländer“ USA oder England ging, ganz entscheidend – persönlich wie beruflich – geprägt hat.
Den globalen Süden kennenlernen und verstehen
Ulrike Hermann, heute Autorin und Wirtschaftsjournalistin bei der Tageszeitung „taz“ verbrachte 1980 ein Jahr mit AFS in Kenia. Obwohl sie zunächst unterschätzte, wie grundsätzlich anders ihr Leben in Kenia im Vergleich zu Deutschland sein würde und Monate brauchte, sich einzuleben, schrieb sie nach ihrer Rückkehr: „Ich beneide alle, die ihr Austauschjahr noch vor sich haben!“ Von allen Erfahrungen und Erkenntnissen aus dem Jahr beschreibt sie zwei als besonders eindrücklich. Zu erleben, was Armut im Alltag bedeutet und selbst „die Fremde“ zu sein und dem nicht entkommen zu können: „Alle sahen mir immer sofort an, dass ich keine Kenianerin, sondern eine Europäerin bin, und behandelten mich wie eine Fremde, bestenfalls als Gast. Es ist nicht leicht, immer wieder zu ertragen, automatisch zum Fremdkörper zu werden. Viele MigrantInnen in Deutschland kennen dieses Gefühl, aber für mich wäre es abstraktes Wissen geblieben, wenn ich nicht ein Jahr in Nairobi gelebt hätte.“
In einem Interview beschreibt sie außerdem, wie das Jahr auch ihren beruflichen Werdegang bis heute prägt und sie u.a. für ihr aktuelles Buch inspiriert hat: „Durch die Erfahrungen in Kenia sehe ich die Welt nicht mehr ausschließlich aus der Perspektive der Industrieländer. Nach dem Austauschjahr stellten sich ganz viele Fragen, auf die ich eine Antwort suchte: Warum bleibt der globale Süden arm? Woran scheitert die Entwicklungshilfe? […] Ohne diese Fragen wären meine Bücher nie entstanden.“
Erfahrungen und Begegnungen, die ein Leben lang bleiben
Yassin Musharbash, Autor und Journalist bei der ZEIT, entschied sich 1993 ganz bewusst, sein Austauschjahr nicht in den USA zu verbringen: „Ich war mir sehr früh sicher, dass ich mein Auslandsjahr nicht in den USA verbringen wollte. Jedenfalls nicht, wenn es doch so viele aufregende Alternativen gab!“ Schließlich hatte Yassin „das unfassbare Glück, vom Sommer 1993 bis Sommer 1994 in Südafrika zu leben – in dem Jahr, in dem dort die ersten demokratischen Wahlen stattfanden, das alte Apartheid-System sein Ende fand, Nelson Mandela Präsident wurde und Südafrika sich als gut gelaunte und progressive „Rainbow Nation“ neu zu erfinden versuchte. […] Ich kam kaum hinterher, in meinem Tagebuch meine Eindrücke festzuhalten. Und wenn ich heute darin blättere, dann spüre ich, wie reich aber auch herausfordernd mein Jahr in Südafrika war. Ich gelangte auch oft an Grenzen. […] Das krasse Gefälle zwischen arm und reich, zwischen privilegiert und chancenlos machte mir zu schaffen. Aber dann waren da auch Augenblicke wie dieser, der für immer in mein Herz eingeschlossen bleiben wird: Als an meiner Schule die alte Apartheids-Flagge abgenommen und die neue Regenbogenflagge gehisst wurde. Ein letztes Mal wurde die alte Nationalhymne „De Stem“ gesungen. Und dann, zum ersten Mal, die neue Nationalhymne: „Nkosi sikelel‘ iAfrika“. Zum ersten Mal sangen die schwarzen Schülerinnen und Schüler mit – und ihre stolzen Stimmen höre ich bis heute noch so klar, als wäre ich dabei.“
Diese persönlichen Erfahrungen ließen ihn so schnell nicht los: Noch heute gehören Themen aus Südafrika zu seinen journalistischen Schwerpunkten bei der ZEIT.
Lerne eine Sprache, die nicht alle können
Auch Christoph Schult, der 1988 ein Jahr mit AFS in Israel verbrachte, machte später Karriere als Journalist. Er betont zudem den riesigen Vorteil, schon in der Jugend im Alltag eine andere Fremdsprache als „nur“ Englisch zu lernen: „Die fremde Sprache war kein großes Hindernis, man lernt in dem Alter erstaunlich schnell. Schon nach drei Monaten an einer Sprachschule für Einwanderer konnte ich gut Hebräisch sprechen.“
Rückblickend fasst er zusammen: „Dass es sich mehr als lohnt, sein Austauschjahr in einem Land zu verbringen, in dem Englisch nicht die Hauptsprache ist. Erstens lernt man Englisch sowieso nebenbei, zweitens fühlt es sich gut an, etwas zu können, was nicht jeder kann. Und drittens weiß man nie, wozu es gut ist: In meinem Fall hat es meinen Berufsweg geprägt: 17 Jahre nach meinem AFS-Jahr wurde ich für den SPIEGEL Korrespondent in Jerusalem.“
Hier kommst du zu den ausführlichen Erfahrungsberichten unserer Kurator*innen. Aber auch unsere aktuellen Teilnehmer*innen geben dir Einblick in ihre Austauscherfahrung in Ländern wie Argentinien, Panama, Kamerun oder Indien.
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Wir bieten dir nicht nur eine besonders große Auswahl von über 50 Ländern, sondern sind auch rund um die Uhr erreichbar, falls du vor Ort in Situationen kommst, die du alleine nicht lösen kannst. Außerdem bereiten dich unsere ehemaligen Teilnehmer*innen, die bereits mit AFS im Ausland waren, in Vorbereitungsseminaren gut auf deinen Aufenthalt in deinem spezifischen Gastland vor.
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